Weihnachten und der Jahreswechsel rücken näher – höchste Zeit also, sich um die passenden Weine zu kümmern. Oder, wie man manchmal augenzwinkernd sagt: um die Weinnachten. Durchgesetzt hat sich der Begriff zwar nicht, aber die Idee dahinter umso mehr. Denn wann, wenn nicht jetzt, öffnet man die Flaschen, die im Keller für „besondere Anlässe“ schlummern?
Hier kommen zehn Weine und Sekte, die bei mir über die Festtage wahrscheinlich entkorkt werden. Vielleicht nicht alle – aber jeder einzelne ist eine Empfehlung. Manche Weine haben mich durchs Weinjahr 2025 begleitet, andere sind Mitbringsel oder Geschenke, die so immer auch mit einer kleinen Geschichten verbunden sind.
🥂2018 Vaux l’Artiste Brut – Sektmanufaktur Schloss Vaux

Der l’Artiste ist ein Riesling-Sekt, den ich bereits früher einmal empfohlen habe – und wieder überzeugt er auf ganzer Linie. Alles reine Handarbeit, spontan vergoren und ausgebaut in Holz, Amphoren und Edelstahl. Anschließend reift der Sekt mindestens 48 Monate auf der Hefe.
Trotz klarer Riesling-DNA wirkt die Aromatik erstaunlich französisch – fast wie ein freundlicher Gruß aus der Champagne. Marille, Fenchel, Kräuter, feine Hefenoten, dazu enorme Komplexität. Der Sekt fällt auch optisch auf: das Pinselstrich-Etikett und die fehlende Sektkapsel, inzwischen gesetzlich erlaubt. Perfekt als Aperitif vor dem Weihnachtsmenü.
🥂Geldermann „Les Belles Années“ – Baden

Das Etikett hat sofort neugierig gemacht: eine Kooperation von Geldermann und dem Weinhandelshaus Ludwig von Kapff, entstanden zum Doppeljubiläum (333 Jahre Kapff, 185 Jahre Geldermann, die Marketing-Profis waren da pfiffig). Herausgekommen ist eine limitierte Crémant-Edition, bei der beide Häuser eng Hand in Hand gearbeitet haben.
Die Cuvée aus Pinot Noir, Chardonnay und Weißburgunder lag ganze fünf Jahre auf der Hefe. Notiert sind: feine Perlage, reife Frucht, zarte Röstaromen, elegante Struktur. Ein Sekt, der die Wartezeit auf die Bescherung wirklich angenehmer macht. Limitiert natürlich und erhältlich ausschließlich bei von Kapff.
🥂Vieil Armand Crémant d’Alsace Brut – Elsass

Zum Jahreswechsel kommen bekennende Crémant-Fans zu Besuch – klar, dass dafür ein Elsässer ins Glas muss. Beim Vorverkosten hat uns der Crémant der Genossenschaft Vieil Armand sofort begeistert: feine Perlage, füllige Frucht, viel Charme und dennoch beschwingt.
Vieil Armand Crémant d’Alsace ist ein jahrgangsloser Sekt aus Chardonnay und Pinot Noir, traditionelle Flaschengärung selbstverständlich. Zu Silvester gibt es wieder Meeresfrüchte – und dieser Crémant scheint dafür fast schon maßgeschneidert. Wenn er bis dahin nicht schon ausgetrunken ist…
🍷2024 Riesling Kabinett – Christoph Clüsserath, Mosel

War im Herbst mal wieder an der Mosel unterwegs (Bericht demnächst) und musste immer wieder hören, dass 2024 DER Jahrgang für tolle Kabinette gewesen ist. Klingt wunderbar und stimmt. Bei Christoph Clüsserath in Trittenheim bin ich schließlich hängen geblieben. Die Lage Trittenheimer Apotheke ist legendär – und das schmeckt man.
Spontanvergoren, 40 g Restzucker, 8,7 g Säure – ein Paradebeispiel für klassische Mosel-Balance: elegante Süße, stimmige Säure, feine Mineralik, niedriger Alkoholgehalt. Pfirsich- und Grapefruitnoten prägen die Aromatik. Gibt’s bei mir am Heiligabend zum Baumloben.
🍷2019 Riesling Hermannsberg GG – Gut Hermannsberg, Nahe

Nach einem beeindruckenden Scharlachberg GG von Gut Hermannsberg bei einer Riesling-Verkostung unlängst ist die Erwartungshaltung für ein weiteres großes Gewächs hoch – ob das GG aus der Monopollage Hermannsberg sie erfüllt? Die Verheißungen klingen vielversprechend. Die Trauben werden per Hand gelesen, kurz mazeriert und spontan vergoren. Zwei Jahre Ausbau auf der Hefe im Fass, anschließend drei Jahre Flaschenreife im Keller.
Das Ergebnis soll ein hochkomplexer, großartiger Riesling mit ausgeprägter Aromatik sein: weißer Pfirsich, Apfel, Birne, Zitrone, Zitronengras, ein Hauch Litschi, zarte Tabaknoten. Im Finale dann Mineralität und eine Prise Salz. Perfekt. Ein tolles Geschenk.
🍷2020 Schwarz Orange – Martin Schwarz, Sachsen

Wer Orange-Weine bisher skeptisch beäugte, könnte mit diesem Wein von VDP-Winzer Martin Schwarz aus Meißen zum Fan werden. Sein Orange ist eine Cuvée aus Grauburgunder plus etwas Traminer, zwei Monate Maischegärung, dann ein Jahr Reife in einem gebrauchten 500-Liter-Holzfass.
Schon die Farbe weckt große Erwartungen, und die werden nicht enttäuscht. In Nase und Gaumen kommt wahnsinnig viel an: Kräuter, gelbe und exotische Früchte, Toastnoten, Mineralik, Gerbstoffe und eine lebendige Säure. Ein eigenständiger, sehr gelungener Wein aus Sachsen, laut Deklaration übrigens Sächsischer Landwein. Kenne den Orange von Martin Schwarz, der früher mal Kellermeister bei Schloss Proschwitz war, sehr gut und freue mich schon auf die nächste Begegnung. Die gibt’s am 1. Weihnachtsfeiertag.
🍷2021 Zinfandel – Francis Coppola, Kalifornien

Lange ist’s her, der letzte USA-Besuch. Allerbeste Erinnerungen – an den Zinfandel von Francis Coppola, dem großen Regisseur (u.a. Der Pate!) und seit langem auch Weingutbesitzer. Einer der Segnungen des Internets ist, dass man mittlerweile fast jeden Wein online bestellen kann. Gedacht, getan. Coppola Zinfandel hat 95% dieser uramerikanischen Rebsorte plus 5% Petit Syrah: kraftvoll strukturiert, mit Aromen von Pflaumen, Brombeeren, Cassis, dazu schwarzer Pfeffer und Nelke.
Ein Wein, der Spaß macht und Fernweh weckt. Für den 2. Weihnachtsfeiertag oder für die Planung zukünftiger Reisen.
🍷2022 Lagrein Rubeno – Cantina Andrian, Südtirol

Die autochthone Sorte Lagrein gehört zu meinen Lieblingsrebsorten und ist immer mit tollen Südtirol-Erlebnissen verbunden. Die Cantina Andrian liefert mit dem Rubeno einen ehrlichen Vertreter des Lagrein: keine Spielereien, keine Experimente, einfach ein wunderbar charmanter, ausdrucksstarker Lagrein.
Klassisch die violetten Reflexe. Klassisch auch die Aromatik von dunklen Beeren, Veilchen, Bitterschokolade und einem Hauch Pfeffer. Die Herstellung: Maischegärung im Edelstahl, biologischer Säureabbau und Reife in großen Holzfässern für 6 Monate. Die älteste Kellereigenossenschaft Südtirols weiß, wie es geht und was sie tut. Sehr denkbar für Silvester.
🍷2022 Pares Spätburgunder – Adams Wein, Rheinhessen

Der Besuch bei Simone Adams in Ingelheim war eines der Highlights des Weinjahres 2025. Grandiose Spätburgunder. Besonders im Gedächtnis geblieben ist der Pares Spätburgunder 2022. Saftig, kühl, komplex, mit dunklen Kirschen und Waldbeeren, großer Eleganz und einer beeindruckenden Länge. Ein fantastischer Wein. Bemerkenswert ist auch seine Herkunft: Die Parzelle Pares lag 30 Jahre lang brach – Brombeeren und Buschwerk statt Reben. Erst 2014 machte Simone Adams mit ihrem Team das Stück Land wieder urbar. Heute wächst dort Pinot Noir auf Spitzenniveau. Nicht gerade günstig, aber Weihnachten ist der richtige Anlass.
🍷São Leonardo White 10 anos – Quinta do Mourão, Portugal

Nach dem Besuch der Portweinmesse in Leverkusen unlängst war klar: Es muss wieder Port ins Glas. Ich habe da so meine Favoriten… Aber leider konnte Miguel Braga von der Quinta do Mourão diesmal nicht dabei sein, seine Portweine schätze ich außerordentlich und der Besuchbei ihm bleibt unvergessen.
Gut, dass noch ein 10-jähriger Weißer von São Leonardo von der Quinta do Mourãoim Keller liegt. Goldene Farbe, üppig, intensive Aromen von Trockenfrüchten, Nüssen und Gewürzen. Die Sorten Codega, Cerceal und Viosinho spielen harmonisch zusammen. Ein Port, der viel Freude macht – und sich hervorragend als Dessertbegleitung eignet. Oder das Dessert gleich ersetzt.
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