Unterwegs in der Welt des Sake. Eine neue Welt. Denn bis zu meiner Begegnung mit Yoshiko Ueno-Müller hatte ich nullkommanull Ahnung von Sake. Das japanische Getränk, irgendwas aus dem Supermarkt, gab’s zwei, dreimal zu Sushi. Hat nicht geschmeckt. Ach ja, im Kreuzworträtsel wird oft nach japanischem Reiswein gefragt. Sake heißt die Lösung, ist aber sachlich falsch.  

Gebraut wie Bier, ausgebaut wie Wein

Das sagt Yoshiko Ueno-Müller, und die muss es wissen. Die Japanerin (das Müller im Namen verrät, dass sie mit einem Deutschen verheiratet ist) ist die erste Frau überhaupt und die erste nicht in Japan lebende Person, die sich Master of Sake Tasting nennen darf. Also wie ist das mit dem Reiswein? „Sake ist kein Reiswein. Es wird gebraut wie Bier und ausgebaut wie Wein.“ Und dann wird es philosophisch: „Sake ist japanische Kultur, japanische Geschichte und japanische Landschaft in einer Flasche.“ Herrlich. 

Sake – Japans Nationalgetränk  

Hinter Sake steckt ein faszinierender Brauprozess. Alles beginnt mit poliertem Spezialreis, dessen äußere Schichten entfernt werden, um die reine Stärke freizulegen – je feiner der Schliff, desto eleganter der Sake. Gedämpfter Reis trifft dann auf den Edelschimmel Kōji, der die Stärke in Zucker verwandelt und so die Grundlage für die spätere Alkoholbildung schafft.
Aus Kōji, Wasser, Hefe und weiterem Reis entsteht der Hefe-Starter, der die Hauptgärung in Gang bringt. Während dieser Zeit verwandelt die Hefe den Zucker in Alkohol, während Kōji gleichzeitig neue Zucker produziert – eine doppelte Fermentation, die dem Sake seine besondere Tiefe und Vielschichtigkeit verleiht.
Nach dem Pressen, Filtrieren und oft einer kurzen Reifung entsteht ein Sake, der von zartfruchtig bis kräftig-würzig reichen kann. Für Weinliebhaber lohnt sich ein Blick über den Tellerrand: Sake vereint Präzision, Aromenvielfalt und Genuss auf ganz eigene Weise.

„Der Prozess dauert zwei Monate, dabei laufen zwei Prozesse gleichzeitig ab, erklärt Frau Ueno-Müller noch, und: „Es gibt 1000 Hebel.“ Die sorgen für eine enorme Vielfalt. Noch ein schöner Spruch aus Japan: „Sake ist das beste unter 100 Medikamenten.“  In Japan ist man übrigens erst ab 20 volljährig und  erst dann darf man (offiziell) Sake trinken. 

Enorme Vielfalt 

Jetzt darf ich verschiedene Sake probieren und bin baff. Hatte eine derartige Vielfalt an Geschmacksrichtungen nie erwartet. Los ging’s mit einem Awasaki Sparkling von Fukuji. Eine Art Federweißer, kommt aus Kobe, wo seit 400 Jahren Sake gebraut wird. 

Danach Tedorigawa ein moderner, aromatischer Yamahai-Sake. Blasses Gelb und ein dutzend Aromen: Banane, Mandeln, Maronen, überreife Birnen, Honigmelonen, dazu eine extrem lange Präsenz.12% Alkohol. Tedorigawa ist Name des Flusses vom Berg Hakasan. Nächste japanische Weisheit: „Schmelzwasser macht den Reis glücklich.“

Niida – ein Natursake. Wird in Zedernholzfässern spontan vergoren. Tiefer, komplexer, lebendiger Geschmack mit erfrischender Säure. Kommt aus Kimoto und wird traditionell hergestellt wie vor 300 Jahren. Verwendet werden alte Reissorten, Spontangärung. Im Prinzip wie ein Naturwein.

Dann Katsuyama Den. Yoshiko Ueno-Müller sagt: „Der vereint männliche Geradlinigkeit und weibliche Freiheit.“ Der niedrige Poliergrad ( 35%) des Reises führt zu feinen Aromen und großer Komplexität. Satte 16% Alkohol. Extrem hell; weniger Umami. Wir einigen uns auf „flüssige Seide“, weil extrem feingliedrig. Mein Favorit, einfach fantastisch.

 Katsuyama Lei wurde als Begleiter zur französischen Küche komponiert. Durch seine feine Süße und Umami harmoniert er auch mit rohem Schinken und Käse. 12% Alkohol, halbtrocken. Der Hersteller ist seit 300 Jahren Hoflieferant. In der Aromatik reife Melone pur, perfekt zum Schinken.

Nun ein Rosé, Ikekame. Aus rotem Reis von uralten Sorten. Exotische Noten von Melisse, Himbeersirup und Orangenzesten. Erinnert tatsächlich an einen Rosé- Wein. Dezente Kirsche, Kirschbonbon, moderate Säure, 15% Alkohol.  

Iwa 5 hat Poliergrad 35%. Es ist eine Assemblage von Richard Geoffray, der mal Kellermeister im Champagnerhaus Dom Perignon war. Elegant, komplex und ausgewogen. Hergestellt aus drei Reissorten und vier Hefekulturen. Geoffray und sein Team verkosten 20 verschiedene Sake und erstellen daraus eine Cuvée. Ein Meisterwerk, ein Hochgenuss, der freilich seinen Preis hat (um die 175 Euro). 15% Alkohol. 

Finale und Krönung schließlich mit Damura 2005. Ein Koshu-Sake, das bedeutet reif, braun, kräftig, nussig, süß. Erinnert stark an einen reifen alten Sherry. Koshu-Sake war früher nur für Kaiser und die Aristokratie gemacht. Heute kann ihn jeder trinken, der es sich leisten kann. 

Woran erkennt man guten Sake?

Mit dem Tasting der acht so grundverschiedenen Sake hat sich einen völlig neue Welt erschlossen. Großartig!  Abschlussfrage an Yoshiko Ueno-Müller:  Woran erkennt man einen guten Sake? „Unbedingt aufs Rücketikett schauen, er sollte nicht zu alt sein! Die Qualitätsstufe ist auch wichtig, Premium Sake sollte es schon sein. Der Polierungsgrad gibt einen wichtigen Hinweis, je geringer, desto eleganter ist der Sake.“

Sake trinken 

Noch was zur Sake-Kultur. In Japan ist das Trinken von Sake ein kleines Ritual, das Höflichkeit und Gemeinschaft betont. Bevor man einen Schluck nimmt, sagt man „Kanpai!“, was so viel wie „Zum Wohl!“ bedeutet. Dabei hebt man sein Glas leicht an. In formelleren Situationen oder bei älteren Gästen schaut man nicht direkt in die Augen.
Ein weiterer wichtiger Brauch: Man schenkt sich gegenseitig ein, statt das eigene Glas selbst zu füllen. Wer einen Sake trinkt, sollte also darauf achten, den Nachbarn oder das Gegenüber einzuschenken, und selbst darauf achten, dass das eigene Glas nie leer wird.
Zur Temperatur: Sake kann gekühlt, bei Zimmertemperatur oder leicht erwärmt serviert werden. Hochwertige Sorten sollten gekühlt getrunken werden, um die feinen Aromen zu bewahren. 
Übrigens: Auf ein Sake-Fass klopfen soll Glück bringen.  

* Gemeinsam mit ihrem Mann Jörg Müller betreibt Yoshiko Ueno-Müller mit Ueno Gourmet ein Unternehmen, das Produkte japanische Genusskultur direkt vom Hersteller nach Europa bringt. Empfehlenswert ist auch ihr im Prestel-Verlag erschienenes Sake-Buch.

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