Eine Österreich-Verkostung ohne Grünen Veltliner, Riesling, Sauvignon Blanc, Zweigelt und Blaufränkisch? Geht das überhaupt? Oh ja, das geht. Und wie! Raritäten aus Österreich wie Blauer Wildbacher, Lindenblättriger, Furmint, Rotgipfler oder Donauriesling können extrem spannend und genussreich sein. Den Donauriesling kennt selbst in Österreich kaum jemand. Und dann wäre da noch der erste österreichische Vintage-Port… Elf Entdeckungen eines hochinteressanten Tastings:

Donauriesling „Hofstudien“ 2021, Geyerhof, Österreich

Es wird gleich richtig spannend, habe von der Rebsorte Donauriesling noch nie gehört. Kein Wunder, die Piwi-Sorte ist eine Neuzüchtung. Für Experten:  Donauriesling ist eine Kreuzung aus Riesling × Fr 589-54 (Seyve Villard 12-481 × Freiburg 153- 39 (Pinot Gris × Weißer Gutedel) aus dem Jahr 1978. Alles klar? Also kein Riesling, aber immerhin ein Elternteil ist Riesling. Die Sorte gilt als anspruchslos. Vor allem aber ist sie extrem rar. In ganz Österreich werden weniger als 10 Hektar angebaut. Der Geyerhof im Kremstal hat den Mut, und ich sage Glückwunsch. Denn dieser Donauriesling mit schöner Säure und einer interessanten metallischen Spur  hat mir gut gefallen.  

Welschriesling Ried Prantner 2020, Straka, Burgenland

Der Welschriesling gehört nicht ganz in die Liste der Raritäten, dazu ist die Sorte im Land zu stark verbreitet. Welche Höhen die manchmal auch belanglos daherkommende Alltagssorte erreichen kann zeigt der Welschriesling vom Weingut Straka im burgenländischen Rechnitz. Einige Kerndaten:  24 Stunden auf der Maische, 18 Monate auf der Vollhefe, ohne Schwefel. Ergebnis ist ein Wein mit viel Charisma. Bemerkenswert, wie sich der Wein innerhalb von wenige Minuten im Glas entwickelt. Der parallel verkostete 2019er Welschriesling Ried Stermetzberg vom Weingut Kögl ist geradliniger, klassischer, typischer. Ist im Vergleich aber halt nicht so spannend.  

Königlicher Wein MMXIX, Umathum, Österreich

Dieser Wein ist ein guter Bekannter, erst jüngst beim Besuch im Weingut Umathum wieder verkostet. Die Rebsorte Lindenblättriger darf (noch) nicht auf dem Etikett stehen. Das Weingesetz verbietet Sorte und Jahrgang zu nennen, deshalb die Umschreibung mit dem König und die Jahreszahl römisch. 2010 führte Pepi Umathum seinen Lindenblättrigen (ungarisch Hárslevelû) neu ins Sortiment ein. „Die Rebsorte war früher hier verbreitet, dann ist sie nicht mehr reif geworden. Dank des Klimawandels wird sie jetzt wieder reif“, erklärte er. Die Antwort auf den Klimawandel also. Dieser Lindenblättrige im Fass vergoren, lag ein Jahr auf der Hefe, ist süffig. Riecht wirklich nach Lindenblüten! Wir entdecken gelben Apfel, Honig, dazu eine schöne Würze. Es gibt nur 2000 Flaschen. 

Furmint 2019, Toni Hartl, Burgenland

Noch so ein fast experimenteller Wein aus einer Nischen-Sorte, die sich in Ungarn und Slowenien gewisser Beliebtheit erfreut. In Österreich gib es keine 10 Hektar davon. Der Furmint von Toni Hartl ist aber kein gewöhnlicher. Der Wein lag acht Tage auf der Maische, dann Reife in einer Tonamphore. Ein extrem spannender Tropfen mit schöner Struktur, Orangen-Aromen und einer feinen Sherry-Note. Entwickelt sich im Glas prächtig. Achtung, die Rebsorte hat 195 (!) Synonyme. Kann also sein, dass man mal einen Furmint trinkt und das gar nicht registriert.  

Muskat-Ottonel 2018, Velich, Burgenland

Muskat-Ottonel ist eine noch immer etwas unterschätzte Rebsorte. Wer in Ostdeutschland groß geworden ist, wird mit der Rebsorte noch immer fremdeln. Weil es da früher Muskat-Ottonel vom Balkan gab, der wirklich wenig Freude bereitet hat. Der vom Weingut Velich ist da ganz anders, der bereitet nämlich Vergnügen. Denn er ist nicht kitschig und zeigt all das, was man von dieser Rebsorte erwarten kann. 

Neuburger 2021, Lichtenberger González, Leithaberg

Der Neuburger fristet auch eher ein Schattendasein. Er kann aber zu großer Form auflaufen, wie in diesem Sommer im Weingut Lehner in Gols erlebt. Der Neuburger von dem noch jungen Betrieb Lichtenberger González (gegründet 2009) aus Breitenbrunn am Neusiedler See verdient sogar das Prädikat Höchstform. Ein Wein mit toller Aromatik, schöner Würze, fast rassig. Gerne mehr davon!

Roter Traminer Ried Steintal 2018, Neumeister, Steiermark

Nächste Rarität, der Rote Traminer. In Österreich wird er immerhin auf 310 Hektar gepflegt. Dass es nicht mehr ist mag auch daran liegen, dass er sich ähnlich dem Gewürztraminer präsentiert, der ungleich populärer ist. Die Reben des Roten Traminers von Neumeister sind über 50 Jahre alt, was dem Wein eine Kraft und Aromatik gibt. Der Wein ist leicht und angenehm trinkbar,  nicht mehr, nicht weniger.  

Roter Veltliner Kaiserstiege 2020, Mantlerhof, Niederösterreich

Offizieller Name dieses Weines:  Roter Veltliner Kaiserstiege Ried Gerdersdorfer Ungut. Da kann ein Konsument schon mal erschrecken. Nicht erschrecken muss man sich vor diesem Wein. Ein feiner Tropfen, trinkig, wie so schön gesagt wird. Er ist in gebrauchten Barriques gereift. Das Ergebnis: aromatisch, tropisch, salzig und rauchig. Ein Roter Veltliner braucht Holz und Zeit heißt es. Da kann von diesem 21er noch einiges erwartet werden. 

Rotgipfler Ried Mandelhöh 2021, Alphart am Mühlbach, Thermenregion

Den Rotgipfler gibt’s in Österreich ausschließlich in der Thermenregion, dort auf weniger als 200 Hektar. Irgendwer hat mal behauptet, das sei der klassische Partner zum Wiener Schnitzel. Das wäre noch zu prüfen. Lange Zeit führte der Rotgipfler in der Thermenregion als Heurigenwein ein eher bescheidenes Dasein. Mittlerweile gibt es einige Winzer, die den Rotgipfler mit Liebe zu anderen Qualitäten bringen. Mir ist das bei Hannes Hofer in Gumpoldskirchen schon mal positiv aufgefallen. Auch der Rotgipfler von Alphart am Mühlbach hat viel Qualität, ist mineralisch, salzig, fast Burgunder-like. Macht Lust auf mehr – auch ohne Schnitzel 

Schilcher Spätlese 2021, Langmann, Steiermark

Beim Schilcher, einer steirischen Spezialität vom Blauen Wildbacher, bin ich trotz DAC-Status wenig euphorisch. Zu viele Enttäuschungen bisher. Doch diese Spätlese, ein Rosé vom traditionsreichen Weingut Langmann (gibt es seit 1746!) in St. Stefan ob Stainz in der Weststeiermark, ist richtig Klasse! Der Schilcher hat satte 76 Gramm Restzucker, stolze 9,2 Gramm Säure halten dagegen. Ein Süßwein wie  aus dem Lehrbuch. Hätte ich dem Blauen Wildbacher nie zugetraut. 

Blaufränkisch „Saudade“ 2021, Dorli Muhr, Österreich

Nun also doch eine klassische Österreich-Rebsorte – Blaufränkisch. Aber Stopp. Der  Saudade – der Name lässt es ahnen – zeigt Richtung Portugal. Tatsächlich ist dieser Blaufränkisch wie ein Portwein gemacht, die Fortifizierung (das Aufspriten) erfolgt mit eigenem Branntwein. Es ist der erste Vintage-Port Österreichs. Definitiv gelungen, der Saudade hätte auch auf der jüngsten Portweinmesse eine sehr gut Figur gemacht. Dorli Muhr, ein Leuchtturm im Carnuntum, hat Maßstäbe gesetzt. 


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