Irene Kleißl

Irouléguy – nie gehört? Kein Wunder. Irouléguy, im südwestlichen Zipfel Frankreichs gelegen, ist die kleinste Region Frankreichs mit AOC-Status. Die Rebfläche beträgt lediglich 185 Hektar. Im Mittelalter wurden die Jakobspilger mangels sauberem Wasser gratis mit Wein versorgt! Diese Zeiten sind freilich vorbei. Es lohnt sich trotzdem, sich mit Irouléguy zu beschäftigen. Die Weine sind nicht nur rar, sondern auch extrem spannend. Also klein, aber oho! Irene Kleißl war in der Region unterwegs – und begeistert. 

Irouléguy – erstaunliche Dynamik 

Das Weinbaugebiet Irouléguy umfasst heute ca. ein Dutzend Weingüter und eine Genossenschaft. Mancher Winzer bewirtschaftet kaum 10 Hektar. Daniel Dupuy tut dies seit 25 Jahren im Ort Irouléguy. Er betreibt nebenbei auch noch eine Entenfarm. Daniel Dupuy ist ein Beispiel dafür, dass die Bedeutung einer Weinregion nicht von ihrer Fläche abhängt. Irouléguy hat in den letzten Jahren eine erstaunliche Dynamik an den Tag gelegt. Junge Winzer gründeten Weingüter, darunter Sébastien Clauzel (ein passionierter Wein-und- Rugby-Enthusiast !) und Cécile Sabah vom Weingut Gutizia. Die meisten von ihnen haben sich einem biologischen oder biodynamischen Ansatz verschrieben. Der behutsame Umgang mit der Umwelt, den Pflanzen und den Trauben ist mittlerweile Standard. Vor ihnen haben schon andere Weingüter den Weg geebnet und das Weinanbaugebiet aus der Anonymität geholt. Gute Beispiele sind die Domänen Brana, Illaria und vor allem das Weingut Arretxea der Familie Riouspeyrous.

Irouléguy – nichts für Veganer

Im Irouléguy werden Weißweine, Rotweine und Rosé gekeltert. Trauben der Rotweine sind Tannat, Cabernet Franc und Cabernet Sauvignon. Für die Weißweine sind Gros Manseng, Petit Manseng, Courbu und Petit Courbu, eine autochthone Rebsorte der Pyrenäen, zugelassen. Die Rotweine, vorzugsweise aus der Traube Tannat, gelten als besonders gesundheitsfördernd. Keine andere Traube entwickelt so viel Procyanidin (ein starkes Antioxidans). Die Arbeit im Weinberg ist aufgrund der durchschnittlich 200-400 Meter hohen steilen Hanglagen zu 100 Prozent Handarbeit. Was das Thema Wein und Speisen betrifft: In der Region um Irouléguy boomt das Charcuterie-Handwerk noch. Und zum Meer ist es auch nicht weit. Wie so oft passt also der Wein zu den regionalen Köstlichkeiten perfekt – da sind Meeresfrüchte, Confit, Schinken, Pasteten, Fois gras… Also nichts für Veganer!

Verkostungsnotizen

Mignaberry 2021, Cave Irouléguy.  79% Gros Manseng, 21% Petit Manseng. Schönes hellgelb, in der Nase florale Aromen, Obstbaumblüte, Mandarinen. Unerwartetes Spiel zwischen Säure und Frucht, feine Schärfe/ Würze im Abgang. Ein perfekter Wein zu Meeresfrüchten.
Lehia 2017, Cave Irouléguy.  85% Petit Manseng, 15% Gros Manseng.  In der Nase: Schmalz, Entenconfit – man denkt sofort ans Essen. Sehr dicht, geradezu üppig, aber mit fruchtiger Leichtigkeit. Die angenehme Säure konkurriert mit der Süße auf der Zunge. Ein Top Wein!
Irouléguy Rosé 2021, Daniel Dupuy.  90% Tannat, 10% Gros Manseng. Farbe – wie man sich einen Rosé vorstellt. In der Nase Frucht, Brausepulver. Knackige Säure, die üppige Frucht (Erdbeere, Kirsche, Stachelbeere ) wird verdrängt.  Kein Terrassenwein, nicht gefällig, baskisch eben. Zum hiesigen Schinken (Klasse!) ein launiges Pingpong-Spiel. Lange keinen so ehrlichen Rosé getroffen!
Gorri 2019, Cave Irouléguy. 72% Tannat, 24% Cabernet Franc, 4% Cabernet Sauvignon. Dunkel, fast violett, Himbeere, Trockenpflaume, Schwarzkirschen, Bergkräuter. Pendelt zwischen süffig und Wein zum guten baskischen Essen. Vanille, Veilchen und eine Spur Lakritz im Abgang.
Omenaldi  2019, Cave Irouléguy. 82% Tannat, 18% Cabernet Franc. Sehr dunkel, weich, fruchtig, viel Himbeere. Schöne Dichte, kann sicher noch eine Weile in den Keller.
Arrola 2019, Cave Irouléguy.  Tannat, Cabernet Franc, Cabernet Sauvignon. Tief dunkel, dicht, in der Nase Brombeergestrüpp in der Sonne. Geschmack dicht, würzig, dunkle Beeren, leicht stallig. Für mich ein Bauernwein, aber auch die Bauern haben hier Qualitätsansprüche!
Dotorea 2020, Domäne Gutizia. 90% Tannat, der Rest sind die Cabernet-Sorten. Intensiv dunkel,  wie alle Weine der Appelation. Der hier ist aber eleganter. In der Nase wilde Brombeeren und Feigen, dazu eine Spur Karamell. Im Geschmack weich-würzig, wieder wilde reife Brombeeren, Sauerkirschen. Insgesamt elegant, stimmig, fertig, aber er hat sicher noch einige gute Jahre vor sich. Schon nach dem ersten Schluck ist klar: der passt zum Schinken – und so ist es. Mein Favorit!

Fazit: Es lohnt sich, hierher zu kommen und die Weine vor Ort zu verkosten. Denn mit jedem Schluck wächst das Verlangen nach den dazugehörigen baskischen Spezialitäten. Aber wie schon erwähnt – man sollte kein Veganer sein.


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