Besuch im Thüringer Weingut Bad Sulza. Denn das ist auch so eine Corona-Folge: Keine oder sehr eingeschränkte Jungweinproben. Die traditionelle und stets sehr spannende gemeinsame Jungweinprobe der Winzer von Saale-Unstrut und Sachsen fand nun schon das zweite Jahr in Folge nicht statt. Also heißt es, hin zu den Winzern, um zu sehen, was der 2020er Jahrgang zu bieten hat. 2020 war geprägt von starken Frostschäden im Mai, der Trockenheit und geringen Erntemengen. Muss nicht unbedingt der Qualität schaden. 

Jüngste Station also das Thüringer Weingut Bad Sulza. Eine sichere Bank, weil seit Jahren die Weine durchweg gutes bis sehr gutes Niveau aufweisen. Chef Andreas Clauß war 1994 aus Esslingen in Baden-Württemberg nach Ostdeutschland gegangen und hat mit dem Thüringer Weingut Bad Sulza eines der führenden Weingüter im Osten Deutschlands aufgebaut. Diese spezielle West-Ost-Geschichte war auf dem Blog übrigens schon mal Thema.

Piwis im Kommen

Aktuell bewirtschaftet das Thüringer Weingut Bad Sulza 50 Hektar Rebfläche, 75 Prozent sind weiße Rebsorten, 25 Prozent rote. Das Sortenspektrum ist groß  – und erweitert sich noch: Clauß setzt verstärkt auf PiWi-Sorten, unlängst hat er Sauvignier Gris gepflanzt. Das ergänzt das durchaus erstaunliche PiWi-Portfolio, das aus  Sauvignac, Regent, Johanniter, Muscaris, Cabernet Blanc, Sauvitage, Cabaret Noir, Satin Noir und schon seit längerer Zeit aus Pinotin, Cabertin und Cabernet Jura besteht. Da ist in Zukunft einiges an spannenden und vielleicht auch ungewöhnlichen Weinen zu erwarten. Doch in der aktuellen Kollektion des 2020er Jahrgangs  dominieren bei den probierten Weißweinen noch die traditionellen Rebsorten.

Riesling & mehr

Start der 2020er mit dem Gutedel Gutswein.  Der zeigt sich gewohnt aromatisch, fast dicht,  klassischer Sommer- bzw. Terrassenwein.  Für den Silvaner vom Jenaer Greifenberg trifft das nur bedingt zu. Der hat eine schöne Säure und auch die klassische Aromatik, aber 13% Alkohol könnten manchem an einem heißen Sommertag zu viel sein. In dem Fall: auf den Abend warten.
Dagegen präsentiert sich der trockene Grauburgunder Gutswein mit seinen 12,5% Alkohol schön schlank, klar im Ausdruck. Er hat weniger als 3 Gramm Restzucker – passt perfekt.
Keine Einwände beim Riesling Gutswein – schnörkellos, unkompliziert, schlank (12,0%).
Der Riesling vom Jenaer Greifenberg ist eine Rarität. Wegen den Spätfrostes gab es in der Lage in Jena beim Riesling fast Totalschaden, die geerntete Traubenmenge von einem Hektar ergaben nur 600 Liter Wein. Der wurde  im 500 Liter Holzfass (gebraucht) ausgebaut, der leichte Holzton ist genauso charmant, wie die spitze Säure. Spannende Rarität.

Test mit Andreas Clauß vom Thüringer Weingut Bad Sulza

Die Burgunder

Der Weißburgunder Gutswein ist gepflegtes Understatement. Das ist ein richtig schöner Tropfen für jeden Tag, unkompliziert und doch mit Ausdruck.  Der Weißburgunder vom Jenaer Grafenberg präsentiert sich schon recht erwachsen, hat eine schöne Frucht, aber mir hat der Gutswein-Weißburgunder besser gefallen. Der Weißburgunder vom Sonnenberg ist noch von anderer Statur. Im 600 l Holzfass gereift, lag bis zur Füllung auf der Hefe. Merkt man irgendwie, auf angenehme Weise. Dazu schöne Aromen nach gelben Früchten,
Der Auxerrois scheint die neue Modesorte im Gebiet, war erst jüngst bei Wolfram Proppe überaus angetan. Andreas Clauß weiß auch, wie es geht: Zeitige Lese, geringer Ertrag, Ausbau in alten Barriques in sechster, siebter, achter Belegung. Heraus kommt ein sehr stoffliger Auxerrois mit viel Volumen und schöner Aromatik. Fein!

Mehr als Außenseiter

Die Zusammensetzung der Cuvée Fumé Sonnenberg klingt leicht abenteuerlich: Chardonnay und Muscat Ottonel treffen sich, originell und gewiss ungewöhnlich. Geschmacklich macht in der Cuvée der Muscat das Rennen.  Der Bacchus vom Jenaer Grafenberg hat die erwartete intensive Aromatik, saubererer Holunderton, ist noch leicht spritzig. Ist was für Bacchus-Liebhaber, der ich nicht bin.

Klassiker Traminer

Spannung beim Traminer, von dem es in den vergangenen Jahren schon hervorragende gab.  Auch der 2020er lässt kaum Wünsche offen: ein verführerischer zarter Rosenduft, Mandel-Aroma, schön schlank, eine Tänzerin auf der Zunge. Gelungen! Zum Finale den Traminer Eiswein von 2018, davon gibt es nur 200 Liter.  Bekam Großes DLG-Gold, und das völlig zu recht.


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