Reife Weine aus Übersee – ist das möglich? Ja, und genau das sorgte bei einer spektakulären Verkostung mit 40 Weinen von Hobbywinzern bis zum 100-Parker-Punkte-Wein für echte Überraschungen. Es standen in der Kategorie „Exoten“ an: Ein Merlot aus Brasilien von 2015. Ein Petite Sirah aus Mexiko von 2004. Und schließlich ein Cabernet Franc von 2001(!) aus Kanada. Drei Mal staunen. Drei Mal charismatische und spannende Tropfen. Drei Überraschungen aus Übersee. Allerdings gab es auch eine Enttäuschung – die kam nicht aus Übersee.

Der Brasilianer

Merlot Salton Desejo 2015 Campanha, Rio Grande do Sul, Brasilien.  Sechs Jahre sind für einen Merlot natürlich nicht alt, aber bei Großerzeugern aus Südamerika herrscht bei mit erst einmal eine gewisse Grundskepsis was die Potenziale angeht. Zu unrecht, wie sich zeigt. Dieser Merlot hat Struktur, präsentiert sich mild und fruchtig, hat eine gewisse Samtigkeit und Power zugleich. Wir entdecken Lakritz und eine Spur Leder, auch schwarze Früchte. Die 13,5% Alkohol sind maßvoll. Bei rund 13 Euro feines Preis-Leistungs-Verhältnis. Ein feiner Wein! Nicht der erste Brasilianer, der gut abgeschnitten hat! Das Weingut Salton blick übrigens auf eine 110-jährige Geschichte zurück und wird aktuell in der vierten Generation geführt.

Der Mexikaner

Okay, der Merlot aus Brasilien verdient noch nicht unbedingt das Prädikat Reife. Das sieht beim L.A. Cetto Petite Sirah 2004  aus Mexiko schon anders aus. Sorgte beim Tasting für die größte  Überraschung. Diese Klasse hatte dem 17 Jahre alten Tropfen niemand zugetraut. Tabak, Rauch, viel Charisma und Charakter. L.A. Cetto steht für  Don Angelo Cetto, der das Weingut vor fast 100 Jahren im Guadalupe-Tal in Baja California gegründet hat.  Petite Sirah ist eine Kreuzung aus Syrah und Peloursin und damit identisch mit der Sorte Durif, die 1880 vom Landarzt François Durif  gezüchtet wurde. Selten zu finden, verdient mehr Beachtung!

Der Kanadier

20 Jahre Reife hat der Cabernet Franc 2001 von Pillitteri, Niagara Peninsula, aus Kanada hinter sich. Viel Skepsis beim öffnen der Flasche, dann Überraschung, Verblüffung, Begeisterung. Der Wein ist trotz des Alters und der vergleichsweise geringen Alkoholbasis (12,8%) noch topfit und in Bestform. Die Nase verspricht viel, im Gaumen wird das Versprechen eingelöst. Unter allerlei Aromen entdecken wir auch grünen Paprika. Ein toller Wein mit viel Charakter. Familie Pillitteri betrieb bereits in Sizilien Weinbau.  1948 wanderten sie nach Ontario aus, das Weingut Pillitteri Estates wurde jedoch erst 1993 eröffnet. Es gehört zu den führenden Winerys in Ontario. Wieder ein starker Roter aus Kanada!

Ein Durchfaller

Will der Vollständigkeit halber nicht unerwähnt lassen, dass es auch einen „Durchfallen“ gab. Der Wein kommt nicht aus Übersee, gehört aber (noch) in die „Exoten“-Kategorie: Bornholm Rødvin 2016 vom Vingarden Lille Gadegård, Aakirkeby. Der Wein von der dänischen Insel Bornholm hat null Eindruck gemacht, lebt eindeutig vom Exotenstatus. Eine Überraschung war das nicht unbedingt. Habe bislang vier Weine aus Dänemark probiert. Die waren alle nicht unbedingt preiswert (25 Euro aufwärts), überzeugt hat mich noch keiner.


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