Für Freunde von autochthonen Rebsorten (wie mich) sind Weine aus Georgien wahre Schätze. Immerhin soll es in der Kaukasus-Republik 525 autochthone Rebsorten geben. Ein Georgien-Tasting vor zwei Jahren mit tollen Weinen  der Sorten Tsitska, Chkhaveri oder Mtsvane etwa war überaus inspirierend. Nun eine weitere Entdeckung: Kisi. Kisi galt vor nicht allzu langer Zeit als nahezu ausgestorben. 2010 betrug die Anbaufläche nur 26 Hektar, aktuellere Zahlen gibt es nicht. Dazu gab es im Test zwei weiteren Spielarten von der in Georgien allgegenwärtigem roten Sorte Saperavi. Tolle Erfahrungen, gerne mehr davon. Klar ist auch: Weine aus Georgien sind hierzulande Nischenprodukte. Die Etiketten machen es Konsumenten in Westeuropa auch nicht leicht.
Wir haben die Weine (alle aus Kachetien im Osten Georgiens)  zu viert verkostet. 

Zweimal Kisi

Kisi, Juso’s Wine 2019.  Dieser Kisi ist traditionell in einer Qvevri (Amphore) ausgebaut und naturgefiltert. Verkostungsnotizen: Farbe dunkles orange, in der Nase Nussbutter, Dörrobst, Trockenaprikose. Geschmack nach grünen Walnüssen, unreifen Trauben, trockenem Kandis, Apfelschalen.  Juso’s Wein stammt aus einem kleinen, familiengeführten Weingut, das sich auf artisane Qvevri-Naturweine nach alter georgischer Tradition spezialisiert hat.  Das Weingut wurde zwar erst 2017 gegründet, die Weinherstellung ist allerdings tiefer in der Familie verwurzelt: schon zu Sowjetzeiten pflanzte Juso, der Großvater der Familie, Weinberge in Kachetien. Lange Zeit stellte die Familie Wein ausschließlich für den Eigengebrauch her.

Kisi Qvevri, Koncho & Co 2018. Auch dieser Kisi ist in der Qvevri (Amphore) ausgebaut, was auch auf dem Etikett steht. Wir haben notiert: Die Farbe sehr kräftiges Orange. In der Nase fruchtig und buttrig. Geschmack nach Vanille!, reifer Kakifrucht, Kandis, buttrig, geschmeidig, harzig. Ein Hauch von (gutem) Retsina? Nicht zu kalt trinken!  Koncho & Co. ist die Premium-Marke des georgischen Weinherstellers J.S.C. „Corporation Kindzmarauli“. Mit rund 150 Hektar Rebfläche ist das Weingut ein Big Player in Georgien und im Exportgeschäft sehr aktiv.

Zweimal Saperavi 

Saperavi Gurashvili’s 2018. Saperavi ist die bekannteste und im Land am meisten angebaute autochthone Rebsorte. Der von Gurashvili ist dunkel-violett, ich kenne auch schwärzere. In der Nase karamellisierter brauner Zucker, auch Vanille. Der Wein ist sehr dicht und konzentriert, Tannine sind noch spürbar. Wir entdecken Aromen von schwarzen Beeren, Brombeeren und Holunder, immer wieder fällt das Stichwort Vanille. Einer hat die Assoziation mit Saft eines mit Zwiebeln gebratenen Steaks. Was es nicht alles gibt. Sicher ein gefälliger Wein, der mundet. Aber ja, es gibt rassigere Saperavi.  

Mukuzani Saperavi 2005. Saperavi-Weine zeichnen sich durch Langlebigkeit aus. Der Mukuzani aus Tibaneli (ein Ortsname, gleichnamiges Weingut?) in Kachetien ist ein Beweis. Auch nach 16 Jahren präsentiert er sich topfit, mit viel Charakter und  keinerlei Altersspuren. Der Wein ist im Barrique gereift, dunkelrot-violett. Im Geruch wähnt man sich in einem Lorbeerwald, Eukalyptus kommt vor, auch Rauch einer Räucherkammer. Lorbeer, Pinienkerne und Eukalyptusöl sind Assoziationen im Geschmack. Bezeichnungswirrwarr:  Mukuzani ist eine Herkunftsbezeichnung, ein aus Saperavi-Trauben im Bezirk Mukuzani (Kachetien) gemachter Wein. Mukuzani unterscheidet sich von anderen Saperavi vor allem dadurch, dass er in Eichenfässern gereift ist. 

Weinbau in Georgien

Georgien gilt als eines der Ursprungsländer des Weinbaus. Die Tradition reicht fast 8000 Jahre zurück. Die geologischen und klimatischen Voraussetzungen sind günstig. Die Rebfläche wird auf rund 50.000 Hektar (Deutschland 102.000) geschätzt.  Wein ist der zweitwichtigste Exportartikel des Landes (nach dem Export von Alteisen).  Mit dem wachsenden Interesse an »Natural Wines« begannen sich weltweit immer mehr Winzer vor allem zur Herstellung ihrer »Orange Wines« für Amphoren (=Kvevris, zwischen 50 und 2000 Liter) zu interessieren. So wurden georgische Weine auch in Westeuropa immer populärer. Der traditionelle Weinausbau in Amphoren (Kvevris oder Quevri) wurde 2013 in die Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit aufgenommen.


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