Was tun, wenn der Wein nicht reicht? Vor diesem Problem stehen immer mal wieder Winzer in Deutschland, aktuell an Saale-Unstrut. Drei trockene Jahre hintereinander plus Schäden durch Spätfröste bleiben nicht ohne wirtschaftliche Folgen. Zwischen 30 Prozent weniger und lediglich 30 Prozent der durchschnittlichen Erntemenge brachte die Ernte 2020 bei den Saale-Unstrut-Winzern. Angesichts des Klimawandels bleibt das Problem latent. Die Lösung: Trauben kaufen.

Zukauf ist üblich

Es war und ist in vielen Betrieben üblich, Trauben von anderen Winzern – befreundet oder nicht – aus dem Gebiet zu kaufen. In der Regel kein Problem. Wenn Trauben aus anderen Gebieten zugekauft werden, wird die Sache jedoch komplizierter. Für manchen ist das ein Tabubruch, einige wollen darüber am liebsten nicht reden, andere gehen damit ganz offen um. Ein befreundeter Kollege hat zum heiklen Thema im Gebiet recherchiert. 

Deutscher Wein

Beim VdP-Weingut Pawis gibt es in der jahrelang nicht genutzten Rubrik „Weinhaus Pawis“ – offiziell seine Zweitmarke für zugekaufte Trauben – in diesem Jahr gleich sieben Weine. Einen Müller Thurgau des Vorjahres und einen Riesling, beide versehen mit dem Untertitel Qualitätswein, was darauf schließen lässt, dass sie aus zugekauften Trauben von Saale-Unstrut gekeltert sind. Fünf weitere sind Deutsche Weine, deren Trauben von Winzern aus anderen Gebieten erworben werden konnten. Das sind zum Beispiel Chardonnay, Sauvignon Blanc und Pinot Blanc. Es gibt auch einen „Riesler“, laut Bernard Pawis ein Name, der auch für den Rheinriesling gebraucht wird. Hintergrund ist, dass in der Kategorie Deutsche Weine nicht die üblichen deutschen Namen verwendet werden dürfen.

Eisheiligen-Wein

Da scheint der Ansatz von Andreas Clauß vom Thüringer Weingut Bad Sulza konsequenter. Er kauft für seine Cuvées deutschlandweit ein, hat die Linie „Eisheiligen-Wein“ erfunden. Drei soll es geben – stilecht „Bonifatius“,„Pankratius“ und „Sophia“ genannt. Sie werden klar als Deutscher Wein deklariert und heben sich auch optisch eindeutig von den anderen Weinen des Thüringer Weingutes Bad Sulza ab. Matthias Hey, das jüngste VdP-Mitglied des Gebietes, will es mit dem Wein von den wohl aus der Pfalz zugekauften Trauben ähnlich halten. Die Idee hat auch Charme. Ist es nicht spannend zu sehen/schmecken,  was zwei Winzer aus verschiedenen Gebieten aus de gleichen Traubenmaterial machen? Beim Weingut  Zahn bleibt das Geschäft in der Familie – eine Schwester von André Zahn hat in das pfälzische Weingut Stahlheber eingeheiratet. Auch Hendrik Bobbe kauft wieder zu. Von anderen Weingütern ist das nicht bekannt. 

Gemeinschaftsprojekte

In eine ganz andere Kategorie gehören spezielle Projekte.  So gab es im Jahr 2000 einen Riesling als Gemeinschaftsprojekt der VdP-Weingüter Lützkendorf (Saale-Unstrut) mit dem Weingut Gebrüder Becker aus Baden angesichts des zehnten Jahrestages der Wiedervereinigung 2000. Bernard Pawis hat zur 30. Wiederkehr der Einheit 2020 mit dem Weingut Spreitzer die Idee wiederbelebt. 

 


1 Kommentar

Michael · 21/02/2021 um 15:09

das gleiche Traubenmaterial – von unterschiedlichen Winzern verarbeitet und anders interpretiert. Ein spannendes Thema.

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