Extrem spannendes Tasting: Weine von den Außenseitern der Weinwelt. Konkret Weine aus Ecuador, Vietnam, China, Moldau, Ukraine, Mazedonien, Georgien. Und mittendrin als „U-Boot“ ein Bordeaux. Gekostet haben die Außenseiter-Weine zwischen 5 und 10 Euro. Wir waren sechs Leute (darunter zwei Winzer) und haben blind (außer Wein 1, weil Amphore) verkostet. Alle Weine wurden anderthalb Stunden vor der Verkostung geöffnet, verhüllt, nummeriert und bei 16 Grad serviert.  Das „Tippspiel“, woher welcher Wein kommt, war eher ein Glücksspiel. Immerhin – ein oder zwei Treffer landete jeder. Gepunktet haben wir nicht, aber jeder hatte seine Top 3 zu nennen. Spannend von Beginn an: Fällt der Bordeaux auf?

Exoten?

Flapsig hatten wir die Probe auch Exoten-Verkostung genannt. Ist natürlich quatsch. Georgien gilt als Wiege der Weinkultur, China gehört zu den größten Wein-Produzenten der Welt und auf dem Balkan ist Wein Grundnahrungsmittel. Außenseiter aber dürfte korrekt sein, weil – bis auf Georgien vielleicht – Weine aus den genannten Ländern in Deutschland wenig bis nicht bekannt sind und, wenn überhaupt, nur schwer zu bekommen sind. Übrigens: Die meisten (außer China und Moldau) der vorkosteten Weine wurden aus den Ländern direkt mitgebracht.  

Überraschung, Überraschung

Saperavi in einer „Amphore“.

Erste Überraschung: Irgendwie waren tatsächlich alle Weine trinkbar, wenn auch nicht alle mit Genuss. Es gab keinen kompletten Durchfaller. Das war nicht erwartet worden. Natürlich gab es Unterschiede und auch Enttäuschungen. Dazu gehörten für mich die beiden Saperavi aus Georgien, sehr müde Vertreter einer spannenden autochthonen Rebsorte, die so viel mehr kann. Viermal war Cabernet Sauvignon im Spiel – es hätten auch vier verschiedene Rebsorten sein können. Durchaus typisch für die Weine vom Balkan war eine gewisse Restsüße. Die störte mal mehr, mal weniger. Fakt ist natürlich, dass die Weine in den unterschiedlichen Regionen stilistisch auf die Vorlieben der dortigen Klientel ausgerichtet sind. Und dass bei einigen Ländern (China, Vietnam und vielleicht auch Georgien) die für den Export oder die Tourismus-Hochburgen bestimmten Weine dem mitteleuropäischem Geschmack angepasst wurden und werden. 

Der Gewinner 

„Stari Krim“ (alte Krim) aus der Ukraine

Zweite Überraschung: Die meisten Stimmen (4 von 6) bei der Frage nach dem Sieger bekam Wein Nummer 8 – der stellte sich bei der Enthüllung als der Wein „Stari Krim“ aus der Ukraine heraus. Jahrgang unbekannt, Rebsorte Bastardo. Lange Gesichter und allseits Verblüffung. Wir waren uns sicher, bei einer Nicht-Blindverkostung wäre das Resultat anders ausgefallen. Dem Etikett ist zu entnehmen, dass die Reben rund um das Naturschutzgebiet Askania Nova an der Schwarzmeerküste wachsen. Stutzig macht die empfohlene Trinktemperatur von 10 Grad.

Und der Bordeaux?

Cap Royal – Bordeaux

Dritte Überraschung: Besonders aufgefallen ist der Capp Royal, ein Bordeaux Superieur für 9,95 Euro, nicht. Allerdings riefen beim blinden Tasting fast alle spontan: Das muss ein Cabernet sein! Auf den Cap Royal tippte dennoch kaum jemand, weil erwartet worden war, dass der Bordeaux bei den Außenseitern herausragt. Ist er aber nicht. Immerhin: Bei allen Teilnehmern landete der Wein unter den Top 3.   

Was probiert wurde

Kurznotizen zu den vorkosteten Weinen:

1 Georgien: Nikala 2017 (Badorgoni CLC), Saperavi: Flasche als Amphore ziemlich kitschig. Überraschend im Geschmack, durchaus trinkbar. Zunächst ein bisschen flach, unbestimmt. Bald kommt Frucht, kirschig, Waldbeeren, viel Frucht. Erinnert an Vernatsch.

2 Georgien: Mildiani 2015 (Tsianadori Winery) Saperavi: Kirsche extrem, Süßkirsche. Null Säure. Trinkt sich sehr leicht, wird aber auch schnell anstrengend. Macht nicht wirklich Spaß.  

3 Mazedonien: Markov Manastir 2011 (Skovin) Vranec: Auffällige, kräftige Nase. Hält im Geschmack nicht ganz, was die Nase verspricht. Trotzdem schön trocken. Ein bisschen Kleber. Irgendwie solide, macht aber keinen großen Spaß. Braucht dringend Luft! (Am Tag darauf in besserer Verfassung, kein Kleber mehr, sehr schlank und schnell weg)

4 Ecuador: Guayasamin 2017 (Cosmicu Cia) Cabernet Sauvignon: Alte Marmelade, deutlich Restzucker. Wirkt alt und über dem Zenit. Kirschsirup? (Ein Tag später besser in Form, runder, weicher, Restsüße stört nicht mehr so)

5 Vietnam: Chateau Dalat 2015 (Ladora Winery) Cabernet Sauvignon: Leicht süßlicher Touch, aber durchaus trinkbar. Tipp war Balkan. Habe über diesen Wein schon einmal geschrieben, ihn aber nicht wiedererkannt. (Auch hier einer Tag später bessere Verfassung)

6 Frankreich: Cap Royal, Bordeaux Superieur 2015, Cabernet Sauvignon+Merlot+Cabernet Franc: Eindeutig Cabernet Sauvignon! Ganz klassisch., Cornell-Kirsche, rote Früchte. Gerbstoffe noch da. Akzeptabel, aber kein Highlight

7 Moldau: Garling Collection Jahr? (Ungheni Vin) Cabernet Sauvignon:  Kork? Wirkt etwas muffig, aber leicht trinkbar. Süßlicher Nachklang und Bittermandel-Ton? Man will kein zweites Glas.

8 Ukraine: Stari Krim Jahr? (Tavria/Inkerman) Bastardo: Eindeutig Cabernet Sauvignon (haha). Schöne Frucht, schöne Säure. Lebendig mit schöner Power (trotz nur 12,5% Alkohol, wie sich später herausstellt). 

9 China: Great Wall Jahr? (Huaxi Great Wall Winery) Rebsorte?: Auf gefällig gemacht. Auch hier ein süßlicher Nachklang. Naja – mehr nicht. (am Tag danach nicht verbessert

Bastardo?

Überraschungssieger war ein Bastardo – eine hierzulande wenig bekannte Rebsorte. Wir haben gleich mal recherchiert. Die rote Rebsorte ist eine Neuzüchtung zwischen Bastardo (Trousseau Noir) x Saperavi. Die Kreuzung erfolgte 1949 am Weinbauinstitut Magarach auf der Krim (Ukraine) durch die Züchter N. Paponov und V. Zotov. Der Sortenschutz wurde im Jahre 1969 erteilt. Die Rebe ist widerstandsfähig gegen beide Mehltauarten und Dürre. Die Sorte wird in Moldawien (1040 ha), Rumänien, Russland und in der Ukraine (1330 ha) angebaut.  


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