Michael Heinrich

In einem Gutedel-Test zuletzt gab es Überraschungen. Nicht die beiden Schweizer hinterließen den größten Eindruck, sondern hiesige. Dabei fristet Gutedel oder Chasselas (was deutlich besser klingt Chasselas) oder Fendant (im Wallis) in Deutschland ein Schattendasein. In der Schweiz ist die Rebsorte dagegen unheimlich populär, wie Gastautor Michael Heinrich weiß. Er ist dort ein Fan des Chasselas geworden. 

Schweizer trinken ihren Wein selbst

Schweizer Wein ist rar in Deutschland. Dabei ist er oft von hervorragender Qualität. Es muss wohl an der Mentalität der Schweizer liegen, besonders an ihrer Bescheidenheit, dass das Ansehen des Schweizer Weins unter dem Scheffel steht. Aber wo kann man ihn probieren? Nur 2 Prozent der Produktion von insgesamt knapp 15.000 Hektar Rebfläche gelangt in den Export; 98 Prozent der Weine werden in der Schweiz getrunken. Also auf ins Alpenland!

Lavaux am spektakulärsten

Zwar gibt es auch im Thurgau, in Graubünden und um den Zürisee Weinbau, der Großteil der Fläche liegt jedoch in der französischsprachigen Westschweiz, dem Wallis und dem Waadtland. Von ihnen ist das Lavaux zwischen Lausanne und Montreux das wohl spektakulärste Anbaugebiet (siehe Foto). Nicht nur die Weinberge am Genfer See, die durch 450 Kilometer Mauern terrassiert sind, auch die Weine selbst verdienen dieses Prädikat. Hier wachsen die Grands Crus der Schweiz.
Dabei nimmt eigentlich eine ganz unspektakuläre Rebsorte die Spitzenposition ein. Auf 90 Prozent der 800 Hektar im Lavaux wächst Chasselas, der bei uns als Gutedel bekannt ist; an sich eine nichtaromatische Traube, eher neutral. Kein Flaggschiff wie der Riesling. Dennoch erfreut sich der Chasselas einer unglaublichen Beliebtheit bei den Schweizer Konsumenten. Wo wir wieder bei der Mentalität wären, Sie wissen schon!

Am liebsten als Apéro

Ihren Chasselas genießen die Schweizer am liebsten als Apéro. Er unterstützt aber auch perfekt die Schweizer Käseklassiker Fondue und Raclette. Traditionell wird er im Lavaux ganz trocken ausgebaut, 0 Gramm Restzucker sind erste Wahl. Ein guter Chasselas ist zart, erfrischend und spielt eher die leisen Töne. Man nennt ihn auch vin de soif  – Durstlöscher. Das ist keinesfalls abwertend gemeint. 

Man ist sogar so stolz auf die Traube, dass man ihren Ursprung beansprucht. Wissenschaftliche Studien untermauern dies. So fand Professor José Vouillamoz  – eine Autorität in diesem Metier – per DNA-Analyse heraus, dass er mit großer Wahrscheinlichkeit am Genfer Seenbogen in die Welt trat. 


1 Kommentar

Ludger Tomkötter · 12/10/2019 um 19:25

Ja ist doch klar, daß man den besten Wein selbst trinkt. Ich war früher oft beruflich am Genfer See. Wunderschön: die Landschaft, das gute Essen (preiswert, wenn man sich auskennt) und der Wein. In Deutschland war nirgendwo ein vergleichbarer Chasselas oder Fendant zu finden. Selbst nicht der aus dem „Imbis“ in Genf (Dazu ein Felchen!)
Jetzt suche ich noch einen Chasselas mit 0% Restzucker. Ich werde wohl mal wieder nach Genf fahren.

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