Die Portweine von Quinta do Mourão sind bereits zweimal mit Nachdruck aufgefallen – bei einer Douro-Präsentation in Berlin und bei der Portweinmesse in Leverkusen. Höchste Zeit also für einen Besuch bei Miguel Braga, dem charismatischen Besitzer von Quinta do Mourão im idyllischen Douro-Tal in Portugal.

1986 ändert sich alles

Eingang zur Quinta

Ankunft in der Kellerei in Cambres bei Lamego. Quinta do Mourão hat keine Destination in Vila Nova de Gaia, wo die großen Portweinkellereien zu Hause sind. Miguel Bragas Vater Mario (stammte aus Vila Nova de Gaia, die Liebe hat ihn an den Douro verschlagen) hat das Anwesen bei Lamego 1972 gekauft. Vermarktet werden durfte der eigene Port dort aber erst ab 1986 – dem Jahr des EU-Beitritts Portugals. Zuvor gab es strenge Regelungen des Portwein-Kartells, Portwein durfte nur in Vila Nova de Gaia erzeugt und auch nur von dort aus gehandelt werden. 1986 änderte sich alles. Braga – Quinta do Mourão – begann ab da mit der eigenen Portwein-Vermarktung. 

2002 neue Kellerei 

Die Kellerei

Im Jahr 2002 wurde die neue Kellerei mitten in den Weinbergen gebaut, in direkter Nachbarschaft zum Luxushotel „Six Senses“. Aktuell umfasst die Rebfläche 42 Hektar, 250000 Liter Weine – Port und Stillwein – werden jährlich produziert. Exportiert wird in alle Welt. Die Kellerei mit 5 Edelstahltanks und 3 Gärtanks ist modern.  Quinta do Mourão beschäftigt 14 Mitarbeiter. 

Port Knox

In Port Knox

Dann geht es quer durch die Rebfläche und etliche Höhenmeter bergauf in ein altes Haus aus Natursteinen: Casa do Coito. Miguel Braga nennt es „Port Knox“ und sagt: „Hier liegt der größte Schatz unserer Familie.“ Nun, die Sicherheitsvorkehrungen mögen etwas lascher sein als beim Namensgeber Fort Knox im US-Bundesstaat Kentucky, wo die Goldreserven der Vereinigten Staaten lagern. Was in Port Knox liegt, ist nicht weniger wertvoll. In 11 Fässern zwischen 10000 und 12000 Litern (total 120 000 Liter) und dutzenden von „Pipas“ (kleine Fässer) altern tausende Liter Wein, einige davon seit über 100 Jahren.

Das Tasting

Tawnys

In Port Knox wird probiert – Port, Tawnys und Weiße. Die Portweine tragen den Namen S. Leonardo. Das ist ein Aussichtspunkt und der hat eine eigene Geschichte. Doch nun die Weine. Das Tasting wird zu einem Gang auf der Himmelsleiter, schon lange vor der letzte Sprosse wähnt man sich im Paradies.

Mit dem White 10 Anos (Jahre) geht es sehr gut los. Der ist schon überraschend üppig, hat Aromen von frischen Früchten, Nüssen und Gewürzen. Die Rebsorten Codega, Cerceal und Viosinho sind im Spiel, bei allen weißen Ports übrigens. Beim Tawny 10 Anos sind es die klassischen portugiesischen Sorten Touriga Nacional, Touriga Franca, Tinta Roriz, Tinta Baroca und Tinto Cão. Erstaunlich körperreich mit langem und schönem Finale.

Bei den 20 Jahre alten ist der Weiße (White 20 Anos) ein Hammer. Hier ist so viel im Spiel: Trockenfrüchte, Nüsse, Gewürze und was nicht noch alles. Der 20 Anos Tawny erinnert in der Aromatik an den 10-Jährigen, ist aber irgendwie feiner, subtiler.

Himmlisch

White Ports

Nun die 30-Jährigen, es wird immer aufregender. Der White 30 Anos hat neben den Frucht- und Gewürz-Aromen einen Hauch von weißem Pfeffer, dazu ein endloses Finale. Dann der 30 Anos Tawny – der Mutterwein aus dem Jahr 1976! Vollmundig und kraftvoll, weich und harmonisch zugleich.

Jetzt wird’s himmlisch. Beim White 40 Anos kommen Minze und Karamell ins Spiel, getrocknete  Früchte sowieso, dazu eine kaum für möglich gehaltene Frische. Der Mutterwein des 40 Anos Tawny stammt aus dem Jahr 1948! Intensive Aromen von Nüssen und Honig, perfekte Balance zwischen Süße und Säure. 

Weißes Paradies 

Bei den nächsten weißen Ports gehen die Vokabeln aus. Will eigentlich nichts mehr notieren, nur noch genießen. Der White 50 Anos ist überragend, natürlich. Er hat eine Geschichte. Im Spiel sind Weine der Jahre1962 und 1967, zwei Jahre verheerender Überschwemmungen in Portugal. Zwei extrem feuchte Jahre also, die dem Wein mit der prägnanten Säure einen ganz speziellen Charakter geben. Auf der Homepage heißt es: „Dieser Wein ist ein Symbol der Renaissance nach dem Drama.“

Im White 60 Anos  überraschen wieder neue Aromen, Kokosnuss oder Vanille etwa.  Ein so kompletter wie komplexer Wein. Beim White 90 Anos ist eine Andacht fällig. Der Wein ist ölig, optisch wirklich alt. Aber nur optisch – im Gaumen ein Wunder. Miguel Braga hat ihm seinen Vater gewidmet. 1927 wurde Mario Braga, der Gründer von Quinta do Mourão, geboren. Aus dem Jahr 1927 stammt der Wein, nach 90 Jahren wurde er in Flaschen abgefüllt. 

Der 100-Jährige

Miguel Braga mit dem 100-Jährigen

Zum Finale eine 100 Jahre alter Port. Er stammt aus Jahrgängen von 1895 bis 1927, hat also drei Jahrhunderte überspannt. Ausnahmenweise mal Analysewerte: 9,15 g Restsäure, 283 g Zucker je Liter. Tja, was ist nun zu diesem S. Leonardo 100 Anos Tawny zu sagen?  Schokolade, Säure, Balsamico sind notiert, eigentlich wäre ein kleiner Roman fällig – so viele Eindrücke.
Man wähnt sich im Paradies. Ob es diesen Port da wirklich gibt?

Schlusswort Miguel Braga: „Port ist ein emotionaler Zustand der Magie.“


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