Der kultige italienische Weinführer Gambero Rosso präsentierte in Berlin seine 2019-er Ausgabe. Wer den Gambero Rosso nicht kennt: Verschiedene Jurys testen in Blindverkostungen alljährlich mehr als 45.000 Weine Italiens und urteilen nach folgender Bewertungsskala: 1 Glas (bicchiere) steht für gute Weine, 2 Gläser verweisen auf sehr gute bis ausgezeichnete Weine und 3 Gläser schließlich krönen die herausragenden Tropfen. Die Ausgabe 2019 bewertet 2485 Weingüter und über 22.000 Weine.
Erfreulicherweise haben die Signore e Signori vom Gambero nach Berlin einige Winzer mitgebracht. Habe mich also quer durch Italien verkosten können – mit dieser Idee: Die eigenen Bewertungen HINTERHER (!) mit denen im Gambero Rosso zu vergleichen. Die interessantesten Weine, zunächst die Weißen:

Start im Norden

Beginn mit Spumante, beim Trentino-Flaggschiff Ferrari. Und besser als mit dem Ferrari Perlè Bianco Riserva 2009 hätte es nicht losgehen können: Bin fast geneigt zu 3 Gläsern, aber die ersten Weine haben bei Tastings immer einen Vorteil, vergebe also 2 Gläser mit den Tendenz nach oben. Gambero Rosso: auch 2 Gläser.   Extra Brut Lunelli Ris. ’09.
Weiter nach Venetien. Dort gibt’s auch passable Sekte, von der Kellerei Conte Collalto zum Beispiel. Den Conegliano Valdobbiadene Brut San Salvatore ’17 find ich gut: 2 Gläser, der Gambero gibt nur 1 Glas. Andersrum beim gefällig gemachten Conegliano Valdobbiadene Extra Dry Gaio ’17: 1 Glas bei mir, 2 im Gambero.  Die Kellerei I Campi bringt mich mit den soliden Weißweinen Soave Classico  Campo Vulgare (1 von mir/2 vom Gambero) und Lugana Campo Argilla (1/1) nicht um den Schlaf. Der Valpolicella Cup. Ripasso Campo Ciotoli ’16 bekommt vom Gambero 3 Gläser, von mir mit gutem Willen 2. Ich fremdle also weiter mit Valpolicella.  

Eine heimliche Liebe

Im Friaul hat es länger gedauert. Mehrere Top-Winzer waren vor Ort – und mit ihnen viele Top-Weine. Erfreulicherweise auch einige der autochthonen weißen Sorte Ribolla Gialla, eine heimlich Liebe. Dem Ribolla Gialla ’17 von Feudi di Romans gebe ich 2 Gläser, der Gambero nur 1. Der Ribolla Gialla Rjgialla ’17 von La Tunella scheint mir noch einen Tick besser, ich neige zu 3 Gläsern, der Gambero vergibt 2. Definitiv 3 Gläser bekommt der Ribolla di Oslavia Riserva ’15 von Primosic von mir, aber nur 2 vom Gambero. 

Friaul insgesamt top

Bewerte die Weine aus dem Friaul Relativ relativ euphorisch weiter hoch – der Gambero Rosso aber auch. Einigkeit herrscht bei der feinen Auswahl von Villa Russiz: Jeweils 3 Gläser für Chardonnay Gräfin de la Tour ’14, jeweils 2 für den Sauvignon de la Tour ’16 und den Pinot Grigio ’17. Ähnlich bei Jermann: 2 Gläser für den knackigen 17er Pinot Grigio und die Cuvée Vintage Tunina ’16. Beim W…Dreams (97% Chardonnay, die restlichen 3 Prozent sind „Betriebsgeheimnis“) von 2016 verteile ich 3 Gläser, der Gambero 2.
Kleine „Differenzen“ auch bei Primosic: Mein Favorit ist der Ribolla Gialla, der Gambero Rosso aber gibt dem 15er Chardonnay Gmanje 3 Gläser, ich 2. Gleiches Urteil (2) aber bei der Cuvée Bianco Klin ’13. Weiter auseinander liegen wir bei La Tunella. Der Ribolla kommt bei mir wieder besser weg. Und statt 3 Gläser für den 16er Bianco Sesto vom Gambero gibt’s bei mir nur 1 Glas.  Einigkeit aber bei Vigneti Le Monde: 3 Gläser jeweils für den großartigen 17er Chardonnay. Der Unterschied beim Pinot Grigio ’17 (1 von mir, 2 Gambero) fällt nicht ins  Gewicht. Bei der Tenuta Luisa sind die 3 Gambero-Gläser für die Cuvée Desiderius I Ferretti ’16 absolut nachvollziehbar, bei den 2 Gläsern für den 17er Sauvignon kann ich dagegen nicht ganz mitgehen: 1 Glas von mir.

Weißer Star im Rotwein-Paradies

Jetzt ein paar hundert Kilometer gen Westen – ins Piemont. Wegen Barolo, Barbaresco & Co. ist das ein Rotwein-Paradies. Doch dort residieren auch weiße Stars, die gerne unterschätzt werden. Arneis zum Beispiel. Zwei feine Vertreter sind bei Pescaja aufgefallen: Den 18er Roero Arneis und der 17er M.to Solo Luna von über 40 Jahre alten Reben. Bin in beiden Fällen zu 3 Gläsern geneigt, der Gambero gibt beiden 2. Schade, dass andere Winzer aus dem Piemont keine Weißen dabei hatten. Wiederum auch kein Wunder, wer bei Barolo & Co. im Portfolio hat.

Zu den Roten demnächst auf diesem Kanal. 

P.S.: Weil von unterschätzten Rebsorten die Rede war: Vermentino gehört auch dazu. Schöne Vermentino kommen aus dem (weintechnisch) kleinen Gebiet Ligurien. In Berlin nur schmal vertreten, schade. Es hat sich doch gelohnt.  Sowohl der 17er Colli di Luna Vermentino Su. Boceda als auch der 17er Colli di Luna Vermentino Mortedo  von Zangani haben 2 Gläser bekommen – von mir und den Italienern. 


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