Karoline Köster

Fotos aus Spanien und Wein aus Spanien? Spanische Momente? Eine bessere Kombination kann es für eine ambitionierte Fotografin, Wein-20 und Spanien-Liebhaberin wie Karoline Köster gar nicht geben. Hier ihr Bericht von einem ungewöhnlichen Tasting in Berlin.

Das Konzept dieses spanischen Abends ist großartig! Die Spanier haben sich eine besonders kreatives Art einfallen lassen, ihre Weine unter den Mann und die Frau zu bringen und in vielerlei Hinsicht Lust auf Spanien zu machen. Die Gäste wurden gebeten, einen „spanischen Moment“ in Form eines Fotos einzusenden. Dazu kommt, dass ein Abend mit spanischem Wein Hoffnung auf Rioja macht – und den trinke ich prinzipiell sehr gerne.  

Biowein – aber kein Müsli 

Der Sommelier Peer Holm, Präsident der Sommelier-Union Deutschland und Spanien-Experte, hat zu jedem der 10 eingesendeten Bilder einen Wein ausgesucht, der auf die eine oder andere Art und Weise zum Bild passt. Hier ist anzumerken, dass alle Weine von den Weingütern der SOW (Spanish Organic Wines – eine im Jahr 2014 gegründete, private Initiative von familiengeführten Weinkellereien mit eigenen Weinbergen in ganz Spanien) – Initiative stammen. Das hat zwar die Auswahl sicher etwas eingeschränkt, aber 38 Weingüter, die allesamt Bioweine unter ökologisch und technisch besten Voraussetzungen produzieren, bieten wohl immer noch genug Vielfalt.  Diese Weingüter sind schon lange im Bio-Business aktiv, nur schrieb man das früher wohl nicht so gern auf das Etikett, da man „nicht in die Müsli-Ecke gestellt werden wollte“. 

Der Meister war ratlos

Zuerst war auch gleich mein Beitrag dran. Das Foto wurde im Parc de Montjuic in Barcelona aufgenommen. Sommelier Holm musste gleich gestehen, dass sein erster Gedanke „Ach je, was soll ich damit machen?“ war und er Schwierigkeiten hatte, einen Wein auszusuchen, der dem Gefühl des Bildes entspricht. Denn es ging genau darum: Spanische Emotionen bzw. Augenblicke aus Spanien, die Emotionen transportieren. Dazu dann ein Wein, der diese Emotionen mitträgt. Ich persönlich sehe natürlich in meinem Bild klare Emotionen verkörpert – Freiheit, Leichtigkeit, Aufbruch, Offenheit… nun, Holm hatte einen anderen Ansatzpunkt gefunden, den ich eigentlich auch ganz kreativ fand. Den Cava Brot Brut Nature Reserva, den er zu meinen Photo ausgesucht hatte, zeigte auf dem Etikett einen Vogel, auf der Spitze von irgendwas Pflanzlichem sitzend, in die selbe Richtung blickend. Ganz klar, das Etikett passt zum Bild! Und der Wein kommt sogar aus Katalonien, also quasi um Barcelona herum. Tröstend insofern, da ich Schaumweine nicht so hundertprozentig gern mag und auch dieser nicht mein Fall war. Viel zu spritzig, aber es ging ja erst los. 1 von 5 Punkten. 

Der Schein trügt nicht

Schnell wurde klar, dass nicht selten das Etikett ausschlaggebend für die Weinauswahl war, ich fand das aber nicht weiter schlimm. So oder so wurden sehr unterschiedliche Weine in der sinnvollsten Reihenfolge mit vielen interessanten Informationen präsentiert und irgendeine Verbindung zu den Fotos hergestellt. Gleich zum zweiten Wein gab es viele regionalspezifische Infos. Zum Bild eines Aquädukts in Segovia gab es E de Esperanza. Rebsorte 100% Verdejo, eine sehr alte Traube, die fast nur im Gebiet Rueda (Kastilien) angebaut wird und die man gern mit Sauvignon Blanc vergleicht, Verdejo riecht allerdings nicht nach Katzenurin. Da ein Großteil Spaniens Hochebene ist, die Temperaturen frischer als am Steilhang und die Nächte kühl sind, können dort frische Weißweine entstehen, Verdejo wird in der Nacht gelesen. Hat auch nur 1-2g Restzucker, aber ich fand, man konnte den E de Esperanza unkompliziert trinken. 3 von 5 Punkten.

Korea im Glas?

Der dritte Wein war eine Cuvée mit 90 Prozent der Rebsorte Garnacha Blanca. Cuvées mag ich eigentlich ganz gerne, weil man tatsächlich das Beste aus mehreren Rebsorten hervorbringen kann, indem man sie zusammenbringt. Der Darnell Blanco Eco hat denn auch unglaublich gut gerochen, nach Mandarinen und der koreanischen Yuzu-Zitrone. Der Geschmack war schon sehr fein, wenn auch nicht so superlecker, wie der Geruch es eigentlich versprochen hatte. 3 von 5 Punkten.

Auf dem Jakosbweg

Beim nächsten Wein – Ijalba Tempranillo Blanco – war es genau andersherum. Mit dem Bild (Meilenstein mit Markierung des Ende des verlängerten Jakobswegs am Kap Finisterre) sind wir in Galizien gelandet, einer schwierigen Region für den Weinanbau. Der ausgesuchte Wein wird aber zumindest am Jakobsweg in der Rioja angebaut und roch fad, aber schmeckte wirklich gut, vor allem im Nachgang öffnete sich ein lieblicher, froher und weicher Geschmack. 3,5 von 5 Punkten.

Quietschbunter Karneval

Nummer 5 war Dehesa de Luna – ein Rosé. Da passte die Farbe des Rosé einfach zur Farbe des Weines im Foto perfekt. So weit, so gut. Denn: Im  Glas war ein Cabernet Sauvignon, der ist bekanntlich definitiv keine typische spanische Rebsorte. Bei dem Wein war ziemlich viel los im Glas, Peer Holm sprach von großer Lebensfreude. Ich würde es eher quietschbunter Karneval nennen. Das war mal definitiv nix für mich – womit der Wein gemeint ist und nicht der Karneval. Gibt nur 1 von 5 Punkten.

Jetzt endlich Rot

Mit Nummer 6 waren wir nunmehr endlich, endlich beim Rotwein angelangt. Bevorzuge ich immer noch. Zu dem Pinuaga 200 Cepas bleibt mir nicht sehr viel in Erinnerung, der schien mir irgendwie uninteressant. Man sprach von einem Geschmack „wie Samt und Seide“, dem kann ich ehrlich gesagt nicht zustimmen. Ich hatte eher ein raues Gefühl im Nachgang. 2 von 5 Punkten. Auch der nächste Rote hat mich dann doch eher enttäuscht, auch wenn die Sellección Eco mir etwas besser geschmeckt hat als der vorige. 2,5 von 5 Punkten.

Nur ein Wort: Top!

Nun endlich das, was ich mir erhofft hatte. Der beste Wein auch zum besten Bild des Abends. Ein klassischer Rioja mit dem schönen Namen Solar de Libano Organic Crianza aus dem höchsten und kältesten Teil der Rioja. Ich mit meinen rudimentären Spanisch-Kenntnissen habe spontan Sonne des Libanon übersetzt, ist natürlich Blödsinn. Die Winzerfamilie heißt einfach Libano. Ich habe keine weiteren Notizen gemacht außer „Top!“. Wer mag, kann sich die Lobeshymne der Weinhalle durchlesen, vermutlich kann man mit einem geübteren Gaumen Lakritze, Veilchen, Kirschen und Edelhölzer schmecken.
Ich glaube, an der Stelle ist es gelungen, Wein auf die ruhige, entschleunigte, aber dennoch überhaupt nicht langweilige Stimmung des Bildes abzustimmen. Bei keinem anderen Match haben Bild und Wein so harmoniert und waren so interessant und gut wie bei diesem. Rebsorte ganz typisch 100% Tempranillo, der gerne auch in Cuvees gemischt wird für längere Haltbarkeit. 4,5 von 5 Punkten (der halbe Punkt Abzug aus Prinzip, denn Perfektion gibt es nicht).

Wilde Schönheit

Das neunte Bild zeigte eine Frau in etwas anrüchiger Ausstrahlung. Ich war neugierig auf den erotischen Wein….bzw. die „wilde Schönheit“, wie der Finca El Molar Graciano angekündigt wurde. An der Stelle hätte kein harmonischer Wein gepasst und der Graciano zeigte sich tatsächlich ziemlich fordernd. Eine Diva auf dem Bild und im Glas, das war ein gutes Matching, auch wenn ich kein zweites Glas hätte trinken wollen. Aber auch hier war es schön zu sehen, dass der Gedanke, Schwingungen und Emotionen des Bildes auf die des Weines abzustimmen, ab und zu doch funktioniert hat und nicht immer letztendlich das Etikett herhalten musste, um einen gemeinsamen Foto-Wein-Moment zu kreieren. Für das Matching gibt’s 4 von 5 Punkten, für den Geschmack aus meiner Sicht nur 2,5 von 5 Punkten. 

PX geht immer

Zu guter Letzt ein Glas mit einer bernsteinfarbenen Flüssigkeit, das wie Sherry aussah, wie Sherry schmeckte, aber dennoch keiner war – sagte zumindest Sommelier Peer Holm. Der Wein wird aber im Internet auch als Sherry verkauft und aufgelistet. Die Traube Pedro Ximénez ist zwar eine der bekanntesten Sherry-Rebsorten, hier wurde aber im Gegensatz zu Sherry nicht alkoholverstärkt. Der hohe Zuckeranteil des PX bringt den typischen Geschmack. Da ich spätestens seit der Sherry-Verkostung auf den Geschmack gekommen bin, habe ich Gutes erwartet und auch bekommen. Wie auch Sherry hätte der Bajoflor 5/3 (heißt übrigens „unter der Blüte“ und bezieht sich auf den Alterungsprozess, bei dem sich Hefe auf der Weinoberfläche bildet, was wohl wie Blumen aussieht) hervorragend zu fettigem, speckigem Essen gepasst, wie beispielsweise zu dem spanischen Schinken, der auf dem letzten Foto abgebildet war. Möglicherweise ist es auch dem Bild geschuldet, das einem das Wasser im Mund zusammenlaufen ließ, dass der Bajoflor 5/3 einen fettig-speckigen, sogar salzigen Nachgeschmack hatte, was der köstlich cremigen Süße ein wenig entgegenwirkte. 4 von 5 Punkten.

Auffallend, wenn auch keine Überraschung: Wie wenig die Preiskategorie den eigenen Genuss am Wein beeinflusst. Der beste Wein für mich persönlich, der Solar de Libano ist für unter 10 Euro zu haben. Aber einer der Weine, der mir am wenigsten geschmeckt hat, kostet 17 Euro. Mein Fazit des Abends: Rioja schmeckt zuverlässig. 


P.S.: Schlägt da gar das Erbmaterial durch?


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