Karoline Köster

Nachdem vor allem Österreich mich zu meinem letzten Termin als Vertretung des Weinbeobachters gezogen hat, ist es dieses Mal tatsächlich der Wein, der meine Neugier weckte. Ein ganz besonderer Wein, nämlich Sherry, den ich sowieso schon lieber trinke als die meisten klassischen Weißweine.
Wie harmoniert Sherry zu, ganz profan – Essen? Ein hervorragendes Dinner rund um die Kreuzberger Ente mit sorgfältig ausgewählten Sherry Weinen gab Antwort.
Dass „Kreuzberger Ente“ tatsächlich ein Begriff ist, wusste ich bis dato nicht, habe mir aber erschlossen, dass es wie bei einer Peking-Ente darum geht, alle Teile oder in der Berliner Variante möglichst viele Teile der Ente für die verschiedenen Teile des Menüs zu verwenden. Die Küche des Orania.Berlin rühmt sich in Sachen Kreuzberger Ente besonders damit, für ein Gericht nur drei Zutaten zu verwenden und trotzdem ganz besondere und extravagante Kreationen zu servieren. Aber es soll hier weniger um das Essen gehen, mehr um den Wein, den Sherry. 

Funktioniert bestens 

Ich nehme gleich die Haupterkenntnis des Abends vorweg: Sherry ist eine hervorragende Wahl bei sehr würzigen und fettig-salzigen Speisen. Gerade jetzt in der Winter-, Advents- und Weihnachtszeit, wenn der Weinfreund sich fragt, welchen Wein er zum Gänsebraten oder zur Ente am Besten serviert, dann kann er sich von den üblichen Verdächtigen getrost mal abwenden und zum Sherry-Vorrat greifen. Den man unbedingt haben sollte.
Zum Gegessenen und Getrunkenen des Abends lässt sich sehr viel sagen, ich beschränke mich auf drei von fünf Gängen, die mir drei sehr unterschiedliche Sherrlebnisse (genauso nennt man es) gebracht haben.  

Entendashi & Dim Sum mit Amontillado 

… vom Consejo Regulador Jerez-Xérès-Sherry

César Saldaña

Gleich das Highlight des Abends. Nein, nicht nur der Sherry selbst, sondern César Saldaña, der Generaldirektor des Sherry-Kontrollrates (so verstehe ich Consejo Regulador), der Sherry prüft und natürlich auch produziert. César Saldaña ist ein Spanier aus der Genussmittelbranche, wie man ihn sich vorstellt. Gutaussehend, galant, charmant, mit feinem Humor und immer einem verschmitzten Lächeln in den Augen. Und natürlich leidenschaftlicher Botschafter für Sherry Weine. Man hört ihm gern zu, wenn er mit herrlichem spanischen Akzent über die Weine philosophiert. Und man lässt sich von ihm gern in den Sherry-Genuss hineinführen. 

Das habe ich auch getan und gleich bei diesem Gang (meinem ersten) kam die Offenbarung. Wie unheimlich köstlich schmeckt sowieso schon dieses Entendashi, ich vermute, es handelte sich um Innereien und Knochen ausgekocht zu einem sehr salzigem, sehr würzigem, sehr asiatisch anmutendem Sud. Wie perfekt ist der Genuss in Kombination mit diesem Amontillado. Ein kleiner Ausflug in die Sherry-Kunde: Amontillado ist der intensivste, würzigste der trockenen Sherry-Typen. Im Alleingang wäre er mir zu trocken und zu stark gewesen, solo sind mir halbtrockene oder auch die trockensten von den Süßen am liebsten. Aber mit dem würzigen Entengericht ein echter Volltreffer. Innerlich vorgemerkt als Begleiter für die Weihnachtsgans. 

Krosse Haut, Gurke & Pfannkuchen mit Palo Cortado

… vom Consejo Regulador Jerez-Xérès-Sherry

Palo Cortado ist der würzigste von den süßen Sherrys. César Saldaña sagt, dieser Sherry sei mysteriös. Ich stimme ihm zu, eigentlich ist er schon süß. Aber dann irgendwie auch nicht, ein bisschen bitter im Nachgang und sonst stark im Geschmack und damit ist eben nicht die Süße gemeint. Solo eigentlich interessant, aber nichts Halbes und nichts Ganzes. Auch das Gericht war natürlich sehr lecker, aber ein wenig zu viel von Allem. So viele Aromen (Ingwer, Gewürzgurke, Soja, Pflaume…) und dann so ein komplizierter Sherry – das war ein wenig zu wild. 

César Saldaña spricht derweil von den Eigenheiten des deutschen Marktes. Die Deutschen würden eher günstig statt hochwertig kaufen wollen, wobei der Trend der Sherry-Erzeuger – natürlich – eher in Richtung Qualität statt Menge gehe. Aber Sherry sei sowieso schwer zu verkaufen. Zudem gäbe es viele Fälschungen, besonders in den USA (drittgrößter Absatzmarkt für Sherry nach Großbritannien und den Niederlanden).

Brust, Pfeffer & Pak Choi mit Oloroso 

… von Rey Fernando de Castilla und von Gutiérres Colosia

Zum Fleisch bekommen wir zwei verschiedenen Oloroso serviert, wieder eine trockene Art. Ich schmecke nur sehr geringe Unterschiede zwischen den beiden Sherrys. Der Oloroso ist etwas beißend und leicht säuerlich. Solo nicht mein Geschmack, aber hier hat wieder das Essen geholfen. Die Entenbrust war etwas süßlich und das Pak Choi sauer angemacht. Der Sherry wurde dadurch leichter und angenehmer. Fand ich ganz gut. Hier auch passend der Tipp für Sherry-Newcomer vom Generaldirektor: Trinkt Sherry mit dem Essen zusammen. Für den Beginn Manzanilla mit Oliven, daran entscheidet sich, ob man zum Sherry-Freund wird oder nicht. Dann kann man mit Sherry zu Schmorgerichten weitermachen und letztendlich natürlich mit Desserts kombinieren. 

Auch asiatisch und orientalisch passt

Ich kann das nur bekräftigen und erweitern: Sherry mit asiatisch gewürztem Essen! Der geht einfach nicht unter, sondern kann sich gegen die starke Gewürzpalette behaupten. Wir haben es letztens ausprobiert: mit orientalischen Gewürzen kann der eine oder andere Sherry auch mithalten.
Zu guter Letzt noch eine Weisheit des galanten Sherry-Botschafters: Trinkt Sherry bloß nicht aus Sherry Gläsern! Warum? Antwort ist nicht notiert und nicht wichtig, macht es einfach so! Ich vertraue da ganz auf César Saldaña.


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