Neues Jahr, neue Entdeckungen, neue Weine? Alles anders. Bin bei der Keller-Inventur auf einen Amarone gestoßen, von Giuseppe Campagnola aus Marano di Valpolicella. Hatte Amarone schon seit einer halben Ewigkeit nicht mehr im Glas, entsprechend groß die Neugier. Ein echtes Fundstück. Denn das ist ein Wein für einen schönen Kuschelabend im Winter am Kamin.  An Winterzauber und Kaminfeuer mangelt es zwar aktuell, der Wein immerhin passt schon mal zur Jahreszeit.

(K)ein Verführer?

Dass Schöne am Amarone ist, dass er im Glas schon viel Würde ausstrahlt und jeder, der ihn probiert, sofort weiß: Das ist jetzt etwas Besonderes. Nicht so schön ist, dass ein Amarone in der Regel teuer und manchmal auch überteuert ist. Der Amarone von Giuseppe Campagnola, der das Weingut im Veneto in der vierten Generation führt, ist mit seinen 22 Euro jeden Cent wert. Corvina und Rondinellla bilden die Cuvée, die handverlesenen Trauben werden bis Februar/März in Holzschubläden (!) getrocknet. Ein Drittel reift über ein Jahr im jungen Barrique-Fass, der Rest zwei Jahre im traditionellen Holzfass. Das Ergebnis ist ein weicher, samtiger Wein mit einem vollen Körper, er schmeckt nach Waldbeeren, Backpflaumen, Kakao, Mandeln und viel mehr. Kein süßer Verführer, kein Muskelprotz, und trotz der 15 Prozent keine Alkoholbombe. Jahrgang 2006! Kein Problem, der Wein ist im zwölften Jahr in Bestform. Dem Gambero Rosso, wichtigster Weinführer Italiens, ist er zwei Gläser (Höchstwertung drei) wert.

Trockene Süße?

Die Methode, Trauben vor der Weinbereitung zu trocknen, ist in Italien (und nicht nur dort) lange bekannt. Strohwein, Vin Santo und so weiter sind gängige Namen solcher Weine, die vor allem süß sind. Ein Amarone jedoch ist etwas anderes, ein eigenwilliger Charakter halt. Auch wenn es merkwürdig klingt, oft ist von einer „trockenen Süße“ die Rede.

Nur eine Mode?

Hergestellt wird der Amarone aus den Rebsorten Corvina, Rondinellla und Molinara, es müssen aber nicht immer alle drei im Spiel sein. Die Trauben – im besten Fall handverlesenen – werden monatelang getrocknet. So konzentrieren sich die Inhaltsstoffe und die Oxidation des Mostes wird vermieden. Der Wein wird dann trocken durchgegoren, danach reift er in Barrique-Fässern und in der Flasche. Lange wurde dem Amarone kaum Beachtung geschenkt, doch seit einigen Jahren avancierte er zu einem der angesagtesten Weine Italiens aus rosinierten Trauben. Moden sind mitunter schwer erklärlich, in dem Fall ist es jedoch eine begrüßenswerte Mode.

 

Wie das mit Charakterköpfen so ist, sie sind nicht jedermanns Freunde. Und ein Amarone ist auch nicht jedermanns Sache. Die Liebhaberschar verständigt sich mit dem hübschen italienischen Wortspiel: „Ti amo amarone. Muss nicht übersetzt werden.

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