Was für ein Versprechen: 12 große Riojas. Die besten von 100 Rioja-Weinen, die wiederum aus 600 ausgewählt wurden. Nicht weniger als ein „Best of Rioja“.  Probiert beim „Tasting Rioja“ auf dem Rheingau Gourmet & Weinfestival. Berühmte und weniger bekannte Erzeuger, kleine und große, traditioneller und moderner Stil – alles dabei. Geht es besser? Schon gar nicht, wenn David Schwarzwälder die Weine vorstellt. Der Iberien- und Rioja-Experte kennt quasi die DNA jedes Tropfens und die Geschichten der Winzerfamilien auch noch.
Weine mit Geschichte(n) – sowieso eines meiner Lieblingsthemen.

„Nur“ Rotwein oder ein Rioja?

Erkenntnis beim Besuch in der Rioja vor einigen Jahren: Die Bandbreite ist groß, Engagement und Innovationsbereitschaft auch. Unsicherheit ist aber auch da. Die Fragen: Tradition oder Moderne? Unverwechselbarer Stil oder Weltweingeschmack oder ganz neue Interpretationen? Am Ende geht es wohl darum: Kommt ins Glas „nur“ ein Rotwein oder wirklich ein Rioja.

Beim „Tasting Rioja“ erst mal keine Überraschung: Tolle Weine, viel Charisma, unterschiedliche Stilistik, kein Ausfall. Trotzdem am Tisch lebhafte Diskussionen, denn Geschmäcker und Vorlieben unterscheiden sich. Zum Glück.

Rioja-Tasting

Meine „Best of“ der „Best of“

(heiße Tipps!)

Bhilar Plots Blanco 2014 / Bodegas Bhilar. Auch wenn sich Rioja über Rotwein definiert – dieser Weiße ist ein Knaller. Ganz klar etwas für Individualisten, weil gemacht von einem Individualisten. Bio-Winzer David Sampedro  bewirtschaftet nur die Weinberge, hat keine eigene Kellerei, kultiviert aber eigene Hefen. 6 Monate reift der Wein im 500-Liter-Fass, Produktion nur 25000 Flaschen. Zum Wein: Schön knackig, extrem kräuterig im Geschmack, Heu, buttrige Noten, gut eingebundene Barriquenote, nur 1,8 Gram Restzucker. Bhilar gibt’s erst seit 1999, firmiert unter Boutique-Winery. Die gute Nachricht: Kostet bei diversen Versendern um die 10 Euro.

Valenciso Reserva 2009 / Compañia Bodeguera Valenciso.  Der Name Valenciso generiert sich aus den Nachnamen des Paares Luis Valentin und Carmen Enciso. Sie machen nur diesen einen Wein. 100 Prozent Tempranillo.  Gärung in Betontanks (weil erschütterungsfrei, im Keller keine Edelstahltanks), dann 17 Monate Reife in französischen Barriques und weitere 19 Monate auf der Flasche. Ein Bilderbuch-Rioja, stimmig und charismatisch. Es heißt, Valenciso sei ein Geheimtipp. Fragt sich, wie lange noch. Obwohl diverse Weinpäpste wild gepunktet haben (Parker 93, Decanter 96) ist dieser Rioja bei diversen Online-Händlern für geschmeidige 20 und 25 Euro zu haben. Mein Testsieger, kommt in den Keller.

Torre Muga 2011 / Bodegas Muga. Ein guter Bekannter,  einer der größten Weine Spaniens. „Moderne Interpretation der Klassik“ sagte David Schwarzwälder, „ein Koloss“, schrieb ein Kollege. Natürlich großartig. Zitiere aus diversen euphorischen Beschreibungen. Erkannt werden da „Aromen von roten Früchten, schwarzen Wildfrüchten, Bitumen, Torf, Unterholz, warmer Waldboden, Cassis, Schokolade, Zigarrenkiste, Süßholz, feinem Leder, Rauchfleisch, Graphit, Weihrauch, Pflaumen,  Chinatusche, Trüffel, Kaffee, schwarzer Tee, nasse Erde, Süßholz, Kaminfeuer …“ Stimmt alles irgendwie.  Cuvée aus 75% Tempranillo, 15% Mazuelo und 10% Graciano.  Ein Kultwein, den es nur in besten Jahrgängen gibt. 2012 und 2013 soll es keinen geben. Kleiner Haken, kostet um die 60 Euro.

Sierra Cantabria Gran Reserva 2007 / Sierra Canaria. Wunderbarer Wein. Ganz klassischer Rioja. Cuvée aus 95% Tempranillo und 5% Graciano, 24 bis 30 Monate in Barriques aus amerikanischer Eiche ausgebaut, danach weitere  Jahre der Flaschenlagerung. Das Lesegut kommt aus drei Dörfern, die Rebstöcke sind bis zu 110 Jahre alt. Auch der Wein dürfte  ein langes Leben haben.  Winzerfamilie Eguren gilt als „Wunderfamilie“  (Schwarzwälder), Önologe Marcos Eugen ist  in Spanien ein Star. Feines Preis-Leistungs-Verhältnis: 20 bis 25 Euro.

200 Monges Gran Reserva 2011 / Bodegas Minicola Real. Noch so ein Individualist vom Individualisten. „Projekt eines durchgeknallten Freaks“, wusste  jemand. Eine Cuveè  aus Tempranillo (85%), Graciano (10%) und Mazuelo (5%) , Weinbergen, deren Durchschnittsalter 45 Jahre übersteigt.  30 Monate in Holzfässern aus französischer und amerikanischer Eiche gereift, dann weitere 40 Monate in der Flasche. Mag vielleicht etwas altmodisch, staubig, wirken. Aber das darf (manche sagen muss) ein Rioja! Man mag sofort grillen. Toller, charismatischer Wein, um die 40 Euro.

„Best of“ für andere

Mirto By Ramón Bilbao 2011 / Bodegas Ramón Bilbao. War nicht mein Favorit. Erwähne ihn trotzdem, weil er am Tisch bei einigen die Nummer 1 war. 100 Prozent Tempranillo, 24 Monate in französischen Barriques.  Flaggschiff des Starwinzers. Im Glas ein Kraftpaket mit den üblichen Aromen, Cassis, Waldbeeren, Tabak, Schokolade. Weil Mirto Myrte heißt, bildet man sich den Geschmack von Myrte ein. Starwinzer, Power, Myrte – klingt alles nicht schlecht. Ja,  einguter Wein, für mich zu viel Holz, zu viele Tannine, zu viel Säure.

Außer Konkurrenz

Montecillo Selección Special Gran Reserva 1994 / Bodegas Montecillo. Schwer vergleichbar mit den anderen, weil über 20 Jahre alt, richtig reif, daher quasi außer Konkurrenz.  Immer noch nicht fertig? Reinrassiger Tempranillo. Toller Wein und tolle Geschichte: Bodegas Montecillo ist das erste Gut in der Rioja, das von einer Frau – Maria – geleitet wurde. Bodegas Montecillo ist das erste Gut in der Rioja, das kein amerikanisches Holz, laut Maria „der Teufel“, verwendet hat. Aber eindeutig nicht nur ein Wein für Feministen und Amerika-Hasser. Leider schwer zu bekommen.

Bleibt nur eins, Hinfahren!


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