Sie galt/gilt als der Shooting-Star an der Nahe. Kurz nachdem Anette Closheim  ihre ersten Weine (erster eigener Jahrgang war 2008) unter eigenem Label (anetteclosheim) präsentierte, war ihr Name in aller Munde: Als erste Winzerin überhaupt errang sie Auszeichnung „Riesling-Entdeckung des Jahres“ vom Fachmagazin Weinwelt,  der Gault Millau verlieh ihr eine Traube, Sommeliers von Spitzenrestaurants orderten, ihre Weine werden in London und auch auf dem Semperopernball serviert.

Spannende Vita

Anette ClosheimAn sich schon eine bemerkenswerte Karriere, dann ist da auch noch ihre Vita. Anette Closheim stammt aus Langenlonsheim an der Nahe. Sie ist zwischen den Reben aufgewachsen, das elterliche Weingut Konrad Closheim ist etabliert. Fast logisch, dass Anette Weinbetriebswirtschaft studiert. Doch dann zieht es doch in die große weite Welt. Getränken bleibt sie treu: Als Produktmanagerin bei einem Spirituosen-Multi kümmert sie sich um die Vermarktung von Single Malt Whiskies und Spitzen-Wodkas. 2008 kehrt sie nach Langenlonsheim zurück,  „weil ich gemerkt habe, dass mein Herz mehr für den Wein schlägt“.

Das Generationen-Problem

Zurück also in den elterlichen Betrieb. Das Generationen-Problem haben die Closheims clever gelöst. Vater Konrad macht seinen eigenen Wein, Tochter Anette darf ihre Ideen verwirklichen, ihren Wein unter eigenem Label erzeugen und vermarkten. Sie macht vieles anders und manches neu. Im Weinberg reduziert sie die Erträge, liest spä­ter, selek­tiert stärker. Heraus kommen Weine, die sich stilistisch von denen ihres Vaters unter­schei­den. Alles anders auch im Marketing, da ist die junge Frau ja Profi: Neues Label (anet­te­clos­heim), neue Eti­ketten, eigene Website, höhere Preise. Die Vater-Tochter-Geschichte mit gemeinsamer Rebfläche (10 Hektar, 70 % weiß, 30 % rot), aber zwei unterschiedlichen Betrieben ist eine eigene Geschichte. Nur so viel: Konrad Closheim hat einmal gesagt: „Ich mache die Weine für den Normalotto.“ Anette Closheim  sagt selbstbewusst: „Meine Kunden fahren schon mal 200 Kilometer hierher.“

Die Weine

Genug Gründe für einen Besuch bei Anette Closheim. Rechtfertigen die Weine den Aufwand? Erfreulich das übersichtliche Portfolio: Sechs Weißweine, ein Rosé, drei Rote stehen auf der Karte, eine klare Linie.

Los geht’s mit dem Rosé – je 50 Prozent aus Spätburgunder und Portufieser. Feiner Auftakt: Keine anbiedernde Süße, schön trocken, viel Geschmack, ein bisschen Kirsche, etwas Cassis, eine Spur Minerilatät, schöne Erfrischung. Rosé liege voll im Trend, die Nachfrage wachse Jahr für Jahr, erzählt die Winzerin. Nun ja, kein Wunder…

Der Blanc – eine Cuvée aus Bacchus, Scheurebe, Silvaner und Riesling – wird als „idealer Sommerwein“ angepriesen.  Und ja, so definiert sich Sommerweine (darf man die eigentlich auch im Winter trinken?): Frische, Beeren-Aromen etc. Der Blanc ist übrigens der meistverkaufte Wein des Gutes.

Jetzt wird’s erhabener. Der Weißburgunder von der Lage Königsschild kann als Muster herhalten, wie ein Weißburgunder zu schmecken hat: Kraftvoll, würzig, ohne Holz, gezügelte Frucht. Die klassischen Pfirsich-Aromen dürfen auch nicht fehlen. Urteil: Daumen hoch.

Roter Sandstein und Mergel-Kies-Boden

Roter Sandstein und Mergel-Kies-Boden

Spannend sind die Rieslinge. Da ist zum einen der Riesling vom Löhrer Berg (wurde mal Grand Cru Langenlonsheims genannt), gleich um die Ecke des Weinguts, Mergel-Kies-Boden. Zum anderen der Riesling Mont Solis, die Reben wachsen auf Rotem Sandstein. Also: gleiche Rebsorte, gleicher Jahrgang (2013), gleiches Klima – doch zwei völlig verschiedene Weine. Der vom Löhrer Berg präsentiert sich feingliedrig, fast zart, mineralisch.  Der vom Roten Sandstein wirkt runder, weicher, vielschichtiger. Anette Closheim behauptet „Terroir ist schmeckbar“. Nach dem  Experiment mit den Rieslingen sagt jeder Ja. Da stehen noch Aufgaben an: An der Nahe soll es  180 verschiedene Bodensorten geben,

Anette Closheims Sauvignon Blanc ist der Wein, der die Szene von Dresden bis  London (just während des Besuchs kam ein Anruf vom Händler in Britannien) entzückt. Kein Wunder: Frisch, knackig, cremig, mit den klassischen Stachelbeer-, Johannisbeer-, Grapefruit-, Paprika-Aromen, trinkfreudig gemacht, das liegt voll im Trend. Die Steigerung ist der Sauvignon Blanc Loirista – 40 Prozent haben in neuen Barriquefässern gelegen. Das Holz ist noch präsent, der Wein braucht noch.  Ganz aktuell: Der Loirista hat übrigens zum vierten Mal den regionalen Vorentscheid der Sauvignon Blanc Trophy 2015 gewonnen. Loirista ist übrigens der zarte Hinweis, dass dieser Sauvignon in der Stilistik an der Loire orientiert ist.

Finale schließlich mit dem Pinot Noir, auch hier ist der Name Programm: Pinot Noir steht auf dem Etikett und nicht Spätburgunder. „Mit Absicht, ist ein Hinweis auf den französischen  Stil“, erklärt die Winzerin. Da muss sich aber so mancher Franzose strecken, Farbe, Nase und Geschmack (Himbeeren, Süßholz, Fleischsaft) erfüllen alle Erwartungen.

Worauf es beim Wein ankommt? „Er muss schmecken“, sagt Anette Closheim kurz und knapp. Gegenfrage: Haben sich die 200 Kilometer (tatsächlich waren es 450) gelohnt? Auf jeden Fall.


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