Im Anschluss an den Winzerbesuch bei Nahe-Winzerin Anette Closheim, die seit 2008 eigene Weine auf dem 10-Hektar-Gut ihres Vaters kreiert und vermarktet, nun noch das Interview. Das Credo der Jungwinzerin: „Mein Herz schlägt für Wein.“

Sie sind Winzertochter, hatten Sie überhaupt eine andere Wahl, als Winzerin zu werden?
Auf jeden Fall. Mein Vater hat mir die Berufswahl immer offen gelassen, hat mich in keiner Weise bedrängt, war stets sehr offen und liberal. Das hat letztlich wahrscheinlich auch dazu geführt, dass ich ganz freiwillig und ohne jeglichen Druck nach einer kleinen Schleife über die Spirituosenwelt  wieder ins Weingut zurückgekehrt bin.

War der Einstieg in den elterlichen Betrieb eher schwer oder leicht?
Schwierig.

Was war schwierig?
Da prallen doch zwei Generationen aufeinander. Und jede Generation hat ihre Vorstellungen und Philosophien. Ich behaupte mal, in den seltensten Fällen deckt sich das. Damals, also 2008, dauerte der Prozess etwa ein halbes Jahr, wo wir uns sortiert haben: Was will die eine, was will die andere Partei? Und wie kommen wir damit klar? Ich wollte schon eine gewisse Selbstständigkeit haben. Allein durch meinen vorigen Job, ich war Produktmanager für hochwertige schottische Single Malts Whiskys für Deutschland, Österreich und die Schweiz, war ich Verantwortung gewohnt. Und ich hatte auch viele Ideen, die ich mitnehmen wollte ins Weingut.

Die Lösung?
Der Vorschlag kam von meinem Vater. Er habe Reben in guten Lagen, die er nicht brauche. Da hat er zu mir gesagt, dann gebe ich dir diese, du kannst ja mal machen, schauen wir mal, wie weit du kommst. Das war ein Kompromiss, ohne zu ahnen, welche Ausmaße das annimmt. Dann bin ich halt losgestiefelt, auch mit Unterstützung meines Mannes, und habe manche Dinge halt ein bisschen anders gemacht. Das war der Fokus auf Qualität zum einen und Experimentierfreude zum anderen. Als älterer Mensch hat man seine vorgegebenen Muster, die werde ich irgendwann auch haben. Aber als junger  Mensch hat man den Drang, einfach einige Dinge auszuprobieren.

Was zum Beispiel?
Spontangärung zum Beispiel, die Arbeit mit dem Holz oder neue Rebsorten.

Dann sind Sie gleich von null auf 100 durchgestartet…
Das schwierige Jahr 2008 war der erste Jahrgang. Die Ernte aus den mir übertragenen Flächen wurde im Keller separat ausgebaut, in Flaschen abgefüllt und separat vermarktet.  Mit eigenem Label, das ich mit einer befreundeten  Grafikerin entwickelt habe.

Prompt waren Sie für die Fachzeitschrift Weinwelt die „Riesling-Entdeckung des Jahres“. Wie sehr hat das geholfen?
Das war natürlich ein guter Einstieg in das Business. Da hat man schon eine gewisse Aufmerksamkeit bekommen, von den Medien, Händlern und Gastronomen. Das einzige Problem war nur, ich hatte zu wenig Wein. Der war ruckzuck ausverkauft.

Was ist das Schöne am Wein?
Die Vielfältigkeit. Und es macht Spaß, das Produkt zu begleiten, vom frischen Grün und der Blüte im Weinberg übers Abfüllen bis hin zum Verkauf.

Was trinken Sie im Alltag am liebsten?
Das kommt drauf an. Wein ist ja so vielfältig, dass es für jede Situation eine Option gibt. Sauvignon Blanc mag ich persönlich sehr gerne. Das war auch der Grund, warum wir die Sorte auch angebaut haben.

Was kommt zum besonderen Anlass auf den Tisch?
Schon etwas Rotes. Mein Mann liebt Rotwein.

Was finden Sie international gut?
Toskana trinke ich gerne, einige ausgewählte Bordeaux finde ich auch spannend.

Wie halten Sie es mit den Verschlüssen?
Schraubverschluss. Die Rotweine und die hochwertigen Weißen bekommen Kork.

Gibt es den perfekten Wein?
Warum nicht? Wenn man kritisch sein will, sieht man immer irgendwas, was einen Makel haben könnte. Aber ich bin eher ein Typ, der die Dinge positiv sieht. So auch beim Wein, da sagt man doch oft: Das schmeckt, das passt jetzt. Das ist in dem Moment dann der perfekte Wein. Es gibt ja Menschen, die immer einen Haken  finden. Zu denen zähle ich mich aber nicht.

Wer wäre Ihr Lieblingsgast auf ein Glas Wein?
Gute Frage. Aber zu schwer.


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