Weine direkt vom Winzer ist bei aller Konkurrenz von Fachhandel, Online-Shops und Discountern mit Abstand die schönste Art des Weinkaufs. Der klassische Ab-Hof-Verkauf hat in den letzten Jahren eine unglaubliche Wandlung erfahren. Hochmoderne, stylische Vinotheken schießen wie Pilze aus dem Boden, die Weingüter investieren kräftig. Das Deutsche Weininstitut DWI hat in den letzten Jahren den Bau von 107 Vinotheken gefördert. Am meisten wurde/wird in der Pfalz investiert. Einige Beispiele für moderne Weingutarchitektur – und nebenbei auch ein gute  Tipps für eine schöne Frühlingstour.

Gies-Düppel, Birkweiler

Weingut Gies-Dueppel

Den Familienbetrieb Gies-Düppel (40 Hektar) führt Volker Gies, Jahrgang 1976, seit 2000, die Eltern bauten den heutigen Hof 1976 auf. Mit der Übernahme begannen die Pläne für eine Umgestaltung. Bis 2010 wurden in mehreren Bauabschnitten Keller, Lager etc. modernisiert, 2012 dann die Vinothek eröffnet. „Moderne Probierräume werden immer wichtiger. Früher hatten wir kaum Fenster, jetzt haben wir den tollen Panoramablick“, sagt  Volker Gies. Die Übernahme des Betriebs samt der neuen Ideen sein „nicht ganz konfliktfrei“ gewesen, erzählt der Winzer. „Von Anfang an hatte ich Freiheit im Keller. Aber es gab schon Diskussionen wegen des Umbaus, da hängt ja ein Riesenkredit dran.“ In der Vinothek sind auch Bodenprofile ausgestellt, der Winzer erklärt warum: „Weil unsere Weine Bezug zum Boden haben, auf dem sie gewachsen sind. Sie sind extrem unterschiedlich, selbst bei der gleichen Rebsorte.“
Unbedingt probieren: Terroir Riesling vom Schiefer; Riesling Birkweiler Kastanienbusch

Weinhaus Ralph Anton, Kirrweiler

Weinhaus Anton Vinothek

Das Weinhaus Anton (15 Hektar) ist auch noch nicht alt, 1970 begann Karl Anton mit der Flaschenabfüllung. 2004 übernahm Sohn Ralph den Betrieb und setzte sofort auf den Ausbau von sortenreinen Weinen. Anton-Weine bekamen ein neues Logo, 2013 wurde dann die Vinothek eröffnet. „Weineinkauf soll ein Erlebnis sein“, nennt Ralph Anton das Ziel. Die stylischen Räume sind Werk des Innenarchitekten Thomas Blinn aus Weingarten im Badischen. „Die Weine sind hier die Juwele, die inszeniert und zur Geltung gebracht sein wollen wie in einem Juweliergeschäft“, beschreibt Blinn seine Philosophie.  Doch die Vínothek ist mehr als nur ein Ort für Wein. Gartenmarkt, Adventmarkt und Straußenwirtschaft beleben das Geschäft. Auch in Kirrweiler lief nicht alles konfliktfrei ab. „Bei der Umgestaltung waren unsere alten Kunden schon ziemlich skeptisch, die fürchteten vor allem steigende Preise“, erzählt Ralph Anton. „Bei den jungen Leuten kommt die Vínothek aber sehr positiv an.“
Unbedingt probieren: Riesling Alte Reben; Grauburgunder Classic und die Brände, „meine heimliche Leidenschaft“, gesteht Ralph Anton

Weinhof Dietrich, Großkarlbach

Weinhof Dietrich

Seit über 400 Jahren ist Familie Dietrich in Großkarlbach ansässig und betreibt Weinbau. Für den Neubau der Vinothek des Weinhofs Dietrich oberhalb des Ortes haben die Brüder Arnd und Gerrit Dietrich, die den 25-Hektar-Betrieb gemeinsam führen, einen mittleren sechsstelligen Betrag investiert. Die Ahnen wären stolz gewesen. In der Vinothek im Bauhaus-Stil haben 70 Leute Platz, das eigentliche Highlight ist der fantastische Blick auf und über die Dietrichschen Rebflächen bis hin zur Rheinebene. „Die Idee war, unser Weingut zu öffnen“, sagt Arnd Dietrich. „Die Kunden können hier alles probieren, sie können essen, die tolle Aussicht genießen. Aber natürlich ist so eine Vinothek auch ein Prestige-Objekt.“ Ein Motto der Dietrichs lautet: „Unser Wein soll nicht Trends folgen, er soll Trend werden.“ Was moderne Vinotheken betrifft, liegen sie im Trend.
Unbedingt probieren: Cuvée Chardonnay+Weißburgunder; Clavis 2011 (Rotwein-Cuvée auf Merlot-Basis)

Vier Jahreszeiten, Bad Dürkheim

Vier Jahreszeiten Vinothek

Die Winzergenossenschaft ist eine der größten und renommiertesten Deutschlands (knapp 500 Hektar plus Traubenzukauf). Nach 9 Monaten Bauzeit und einer 700.000 Euro-Investition wurden Ende 2012 die umgestalteten Räume der Vier Jahreszeiten eröffnet. Das sind 140 Quadratmeter Vinothek, ein Eingangsbereich von 50 Quadratmetern sowie ein kleines Lager samt Weinausgabe. Am Werk war eine Innenarchitektin aus Köln, die vorher noch nie mit Weinbetrieben zu tun hatte. Die Genossenschaft hat ihr bei der Modernisierung der seit 1980 unveränderten Probierräume  freie Hand gegeben. Ergebnis: Der Mut hat sich ausgezahlt. Historie und Modernität sind in dem repräsentativen Anwesen gelungen.
Unbedingt probieren: Cabernet Sauvignon Heinrich Gries;  Spätburgunder 2011 No. 1

Vinothek Par-Terre, Landau

Vinothek PAR-TERRE

„Schwerter zu Weinflaschen“ könnte das Motto der im Juni 2014 eröffneten Vinothek Par-Terre in Landau heißen. Denn sie ist Teil eines Gebäudekomplexes, der früher eine Kaserne war. Michael Michalsky, einer der einflussreichsten und bekanntesten Designer Deutschlands, hat das Schmuckstück geschaffen. Schon der Boden mit den Ornamenten aus 55 originalen Weinfassdeckeln ist ein Hingucker, in der Mitte thront eine Statue des Heiligen Urban. Interessant ist das Konzept: 49 Prozent der Anteile der Vinothek gehören Winzern, die mit einer Einlage von 5000 Euro dabei sind. Jeder Winzer präsentiert in Par-Terre vier Weine, verkauft werden sie zu Preisen wie ab Hof. Weil 55 Pfälzer Winzer mitmachen, stehen nun 220 Weine bereit, von jedem Betrieb kann ein Wein probiert werden. Kleiner Wermutstropfen: Weil Par-Terre auf dem Gelände der Landesgartenschau liegt, gelangt man in die Vinothek in diesem Jahr nur mit einer Eintrittskarte der Gartenschau. Künstlerpech – die Schau sollte eigentlich 2014 stattfinden, musste wegen eines Bombenfundes aber verschoben werden. Pragmatischer Rat eines Einheimischen: „De Kinner an Spielplatz absetze, de Vadder an de Vinothek und de Mutter guckt Rosen.“


0 Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Avatar-Platzhalter

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Time limit is exhausted. Please reload CAPTCHA.