Im Napa Valley schlägt das Herz des kalifornischen Weinbaus, dort gibt es irgendwie alles: Imposante, idyllische, kleine, feine und manchmal auch unverschämt protzige Weingüter, innovative Winzer, manchmal auch ein wenig verrückte. So manche Legenden, auch Newcomer, teure Weine sowieso. Bei den Qualitäten ist alles dabei. Neue Welt ist Neue Welt, im Keller wird mehr gemacht als im Weinberg. Auch die Beziehung zum Wein ist eine andere als in good old Germany. Schöne Weine gibt’s hier und da. Insgesamt 4,7 Millionen reisen jedes Jahr wegen des Weines ins Napa Valley, da darf ein Weinbeobachter nicht abseits stehen. Start war in Napa, Nächtigung in Calistoga (30 Meilen), am nächsten Tag Retour. Der Besuch von acht Weingütern und der Test von insgesamt 69 Weinen sind natürlich viel zu wenig für ein umfassendes Bild. Interessant war’s trotzdem – und unbedingt empfehlenswert. Wenig überraschendes Fazit: Vor Ort ist immer besser, auch Kalifornien hat in Sachen Wein unendlich viel mehr zu bieten als das, was hierzulande in den Märkten zu bekommen ist. Die Stationen der zweitägigen Runde mit den interessantesten Weinen:

Domaine Chandon

chandonEin Joint Venture mit dem berühmten französischen Champagnerhauses Moët & Chandon, 1973 gegründet. Der erste Sekt der Domaine Chandon wurde 1976 verkauft, 1977 eröffnete das Besucherzentrum. Das Anwesen ist stylisch, dem Ruf des Hauses angemessen.  In der Tasting Tour gibts das komplette Spektrum. Vom sehr fruchtigen Chardonnay-geprägten Brut Classic über den Blanc des Noirs (Pinot Noir + Pinot Meunier) mit starker Perlage und den netten Chandon Rosé hin zum Highlight: Chandon Extra Dry Rich, 30% Moscato + 70% Chardonnay, der Moscato ist präsent. In der Champagne wäre das nicht erlaubt, hier ja. Alles hübsch – vor allem für Champagnerfreunde. Typisch amerikanisch auch das Selbstbewusstsein. „Chandon bleibt einer der führenden Super- und Ultra-Premium-Sektproduzenten in den Vereinigten Staaten“, heißt es ganz unbescheiden.

Opus One

Eingang zur Winery Opus One

Eingang zur Winery Opus One

Der berühmteste Wein Kaliforniens – das legendäre Joint Venture Baron Philippe de Rothschild, seiner Tochter Philippine de Rothschild und Robert Mondavi  – wird standesgemäß zelebriert. Man sieht sie schon vom weitem: Eine moderne, futuristische Kathedrale, von Architekt Scott Johnson eigens für Opus One erbaut. Im Juli 1989 erfolgte der erste Spatenstich, der Bau der Anlage wurde 1991 abgeschlossen. Wer nicht die Tour oder eine Verkostung vorbucht (hatten wir nicht), kann ein Glas (45 Dollar) trinken, zur Auswahl stehen diverse Jahrgänge. Den 2010er fand ich noch nicht auf dem Punkt, der 2006er war großartig.  Kein preiswertes Vergnügen, habe trotzdem keinen Cent bereut. Schon des Ambientes wegen: Die Terrasse des Anwesens ist ein fantastischer Platz zum Genießen. Einer der Momente, in denen man ganz im Faustschen Sinne den Augenblick anhalten möchte.

St. Supery

Barrique-Keller St. Supery

Barrique-Keller St. Supery

Aber es geht weiter, das idyllische Anwesen der Winery St. Supery ist nächste Station. Dort freier Blick in Keller und Produktion, die Weine ganz im Stil der neuen Welt.  Positiv aufgefallen sind der blitzsaubere Chardonnay  (ohne Holz!), ein geradezu aromatisch überbordernder Sauvignon Blanc und der klassisch anmutende „Cab“, wie die kalifornischen Weinbauern ihren Cabernet Sauvignon nennen. Die Cuvée Élu – klassischer Bordeaux-Blend mit Cabernet Sauvignon, Merlot und  Petit Verdot – ist richtig gut, mit 75 Dollar leider nicht gerade ein Schnäppchen. Persönliches Highlight ist ein hervorragender Moscato, 90 Gramm Restzucker pro Liter, klebt nicht, dafür sehr aromatisch.

Grgich Hills

Mit Mike Grgich im Gespräch

Mit Mike Grgich im Gespräch

Der kroatische Einwanderer Miljenko „Mike“ Grgich, inzwischen 91,  ist einer der Pioniere des Weinbaus in Kalifornien und irgendwie auch Kult. 1976 schlug sein Chateau Montelena Chardonnay bei der legendären Blindverkostung in Paris die berühmten Franzosen, ein Meilenstein für den kalifornischen Weinbau. 1977 gründete er seine eigene Winery Grgich Hills, der 140 Hektar Betrieb arbeitet mittlerweile biodynamisch, auch da war Grgich Pionier. „Wir behandeln jeden unserer Weine wie unser Kind“, sagt er. Die Kinder sind gut geraten. Der Chardonnay aus dem großen Holzfass sehr passabel, der Fumé Blanc (Sauvignon) mit einem kleinen Barrique-Anteil hat die Klasse eines sehr guten Puilly-Fumé. Bei den Roten überzeugt der Zinfandel nicht so, umso mehr jedoch der Cabernet Sauvignon und erst recht der charismatische Merlot (mit 2% Cabernet-Anteil), großartig. Der Cabernet Yountville Selection aus dem kleinen Weingarten in Yountville ist richtig Klasse, kostet freilich 195 Dollar die Flasche. Auch hier überzeugt ein Süßwein. Violetta nennt sich die Spätlese-Cuvée Gewürztraminer+Riesling, sehr gut. Das sei sein Lieblingswein, erzählte Mike Grgich.

Merryvale

Die imposante Winery Merryvale

Die imposante Winery Merryvale

Kleiner, aber umso feiner die Winery Merryvale. Die Anfänge des Weinguts reichen bis 1933 zurück, Merryvale heißt das Weingut erst seit 1991. Sehr hohes Niveau, und das durchgängig. Der schön buttrig-zitronige Chardonnay Garneros ist der beste Chardonnay auf der Tour, der Pinot Noir von Trauben aus Oak Knoll am End des Napa-Tals und fast am Meer gelegen auch beachtenswert. Dann Merlot, Cabernet – keine Ausfälle. Eine Spezialität, aber gewiss nicht jedermanns Liebling: „Antigua“, ein 11 Jahre im Fass gereifter mit Brandy versetzter Moscato. Wermutstropfen bei Merryvale das doch hohe Preisniveau

Castelllo di Amorosa

Castello di Amorosa

Castello di Amorosa

Castello di Amorosa ist das vielleicht schrägste Weingut im Gebiet. Vor reichlich 20 Jahren haben die Besitzer eine Burg aus der Toskana des 13. Jahrhunderts mit allem drum und dran nachbauen lassen. Das Castello thront jetzt als eine Art Wahrzeichen zwischen St.Helena und Calistoga herrlich gelegen umgeben von Weinbergen. Natürlich ist alles auf Besucher ausgerichtet, die Disney-Burg ist ein Touristenmagnet, schon die Anfahrt ist ein Erlebnis. Weine gibts natürlich auch und an denen ist wenig auszusetzen. Neben dem soliden Chardonnay und den klassischen kalifornischen Cabernet Sauvignons sind noch zwei besonders aufgefallen:Der Napa Valley Barbera, schön samtig und  zugleich würzig, stellt manchen Piemonteser in der Schatten. Und ein trockener Gewürztraminer, eine echte Überraschung und denen aus dem Elsaß oder Südtirol fast, aber nur fast, ebenbürtig.

Sattui

Sattui

Sattui

Nächster Halt die Sattui-Winery, 1885 gegründet von Vittorio Sattui, der als italienischer Auswanderer 1882 in San Francisco in der Neuen Welt ankam. Der aktuelle Sattui-Chef Brooks Printer wurde kürzlich zum „Winemaker of the Year gekürt.  Sattui ist berühmt für Essen und den hübschen Garten, der ein riesiges Picnic-Areal ist. Also, was gibt es Schöneres als sich im Shop mit Leckereien (Delikatessen aus Europa, schöne Käsetheke) einzudecken, dazu eine Flasche Wein und es sich so im Garten gutgehen zu lassen? Nichts. Hinterher ist man fürs Tasting der Weine gekräftigt, hier wieder keine Durchfaller, auch wenn der Riesling (nicht trocken, übertriebene Frucht, anstrengend) für einen deutsche Riesling-Liebhaber nicht punkten konnte. Zu Sattuis Ehrenrettung: Die Dame an der Verkostungsbar hat nach bekannt werden der (deutschen) Herkunft gewarnt. Um so schöner die Roten. Der Zinfandel Russian River ist der beste Zinfandel der Tour. Schön,  wenn auch etwa gestylt, auch der saftige Cabernet Sauvignon. „Paradies“, ein Blend im Bordeaux-Stil, schmeckt auch wie ein solider Bordeaux, aber nicht nach mehr. Sattui gönnt sich auch einen California Madeira, in den Verkostungsnotizen steht: „Ähnlichkeit vorhanden.“

Sutter Home

Das Logo von Sutter Home

Das Logo von Sutter Home

Sutter Home ist das Gegenprogramm zu den palastartigen und hochmodernen Winerys im Tal, der Besitzer will Wein für jedermann machen. Tatsächlich bekommt man schon Weine für 6 Dollar die Flasche (0,75 l). Zum Beispiel Chardonnay oder Cabernet Sauvignon, wie alle Sutter-Weine leicht trinkbar, irgendwie fehlen aber Charisma und Persönlichkeit. Die Suter-Philosophie „Für alle erschwingliche Weine“ ist natürlich äußerst löblich.


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