„Wir wollen das Gesicht des Ostens sein“, beschreibt Georg Prinz zur Lippe den Anspruch seines Weinguts Schloss Proschwitz. Was bleibt ihm auch anderes übrig. Mit aktuell 89,6 Hektar Rebfläche ist das älteste private Weingut Sachsens auch das größte und bekannteste Ostdeutschlands.
Wenn der Prinz über sein Weingut spricht – „extrem spannend, immer in Bewegung, viel Dynamik“ – kann das locker für die Weinszene in ganz Ostdeutschland gelten. Zum Stichwort passt auch, dass seit dem vergangenen Jahr mit Jacques du Preez ein junger (30), ambitionierter Südafrikaner verantwortlicher Kellermeister ist. „Für mich ist es wichtig, dass unsere Weine authentisch sind und als solche erkannt werden. Sie sind ,Weinpersönlichkeiten’, die die Handschrift unseres Bodens, unseres Terroirs tragen“, beschreibt Georg Prinz zur Lippe seine Philosophie.

Dr. Georg Prinz zur Lippe

Foto: Claudia Hübschmann

Nächstes Jahr wird das Unternehmen 25 (Feierlichkeiten sind in Planung), die Geschichte ist eine Erfolgsstory und was das Tempo angeht wohl ohne Beispiel in Deutschland. Seit 1990 kaufte Georg Prinz zur Lippe Stück für Stück die nach dem Krieg zwangsenteigneten elterlichen Weinberge zurück, baute das Weingut auf. 1996 erfolgte die Aufnahme in den VDP, wenig später die Eröffnung der Kellerei im restaurierten Gut in Zadel. Ein Meilenstein war 2009 das Engagement in Thüringen (46,3 Hektar; Weinanbaugebiet Saale-Unstrut) mit dem Label „Weinhaus zu Weimar“. Weil das nicht nur Freunde brachte, sind juristische Auseinandersetzungen noch im Gang.

Doch Schwierigkeiten hat der sächsische Adel schon so manche gemeistert, das gilt auch für den 2013er Jahrgang. Die größte Herausforderung sei der enorme Niederschlag Anfang Juni mit dem folgenden Hochwasser gewesen, erzählt Betriebsleiter Walter Beck. „Weil die Elbbrücken geschlossen waren, standen wir vor einer großen logistischen Aufgabe. Und bei der extrem hohen Luftfeuchtigkeit war die Gesundheit der Reben in Gefahr.“ Noch eine Belastung: „Dass 438 Gastronomie-Betriebe entlang der Elbe wegen des Hochwassers schließen mussten, setzte uns gewaltig unter Druck. Über eine halbe Million Euro Umsatz ist uns weggebrochen“, berichtet Prinz zur Lippe und konstatiert: „Die Klippen, die wir umschiffen mussten, waren schon außergewöhnlich.“ Weil das Team „phänomenal“ gearbeitet habe, sei das gelungen. „Hier arbeitet ein Dreamteam wie noch nie zuvor am Weingut“, lobt der Prinz seine Mannschaft, immerhin 100 Beschäftigte.

Jaques du Preez

Foto: Claudia Hübschmann

Zu den 2013er Weinen. „Wir wollen ehrliche Weine machen, das haben wir geschafft. Frisch, fruchtig, mineralisch“, beschreibt Kellermeister du Preez die Tropfen des Jahrgangs 2013. Kein Widerspruch. Die Proschwitzer Basisweine Goldriesling und Elbling präsentieren sich in gewohnt sehr gutem Format, da ist Proschwitz kaum erreicht. Der Goldriesling ganz klassisch, mit nur 3,2 Gramm Restzucker und dabei erstaunlich fruchtig. Der Elbling ebenfalls auf für die „einfache“ Rebsorte hohem Niveau, fast filigran, mit schöner Frische. Jacques du Preez zum Elbling: „Eine schwierige Rebsorte. Wie ein Kind, das nicht auf dich hört. Man muss immerzu aufpassen.“
Die Rosés (da schließen wir den Blanc de Noir elegant mit ein, wenn es auch nicht ganz korrekt ist) sind seit jeher Proschwitzer Aushängeschilder und das ist auch bei den 2013ern so. Der Blanc de Noir (50% Frühburgunder, 50% Spätburgunder) ist extraktreich, hat viel Schmelz; der Rosé (90 Prozent Regent) paart viel Frucht und reife Säure, hat eine lange Präsenz im Gaumen. Sichere Tipps.
Der Riesling ist ein eigenes Kapitel. Mit 12 Gramm Restzucker ist er weinrechtlich halbtrocken, was freilich nicht auf dem Etikett steht. Zurecht, denn bei stolzen 8 Gramm Säure kann von Süße kaum noch eine Rede sein. Im Glas ist ein lebendiger Riesling, nicht beliebig, nicht langweilig, gebe ihm das Attribut feminin.

Barrique-Keller

Foto: Claudia Hübschmann

Mehr Weine des 2013er Jahrgangs sind noch nicht abgefüllt. Unbedingt zu erwähnen sind noch zwei Fassproben: Der Müller-Thurgau von hoher Intensität und Dichte, schon recht ungewöhnlich im Stil. Schließlich ein geradezu wuchtiger und sehr aromatischer Grauburgunder Kabinett, der für ein sehr langes Leben gemacht scheint. Zwei spannende Weine, etwa Ende Mai kommen die beiden Weine in die Flasche, die müssen dann unbedingt noch einmal probiert werden. Das gilt erst recht für die Großen Gewächse aus den beiden Spitzenlagen Schloss Proschwitz und Kloster Heilig Kreuz.

Die Weimarer Weine sind im Test etwas zu kurz gekommen, die Dependance erfordert ohnehin eine gesonderte Visite. Ein Weimarer Wein muss doch sein: Der Sauvignon Blanc, Flaggschiff des jungen Betriebes und auch 2013 Klasse. Das Geheimnis? Weimar-Chef Björn Probst hat in der Steiermark gearbeitet, da wundert es niemanden, dass der Weimarer Sauvignon stilistisch stark an schöne steirische erinnert.

Zukunftspläne? Am 1. Mai eröffnet oberhalb des Schlosses (passend mit einem Rosé-Fest) eine Straußenwirtschaft. Nicht nur wegen der Weine, auch wegen des grandiosen Blicks über die Weinberge auf die Albrechtsburg eine unbedingte Empfehlung. Eine weitere Aufrebung sei nicht geplant, der Export (aktuell 5 Prozent, Schwerpunkt Asien) soll behutsam ausgebaut werden.
Wie  präsentiert sich nun das ,Gesicht des Ostens’? Es lächelt.


0 Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Avatar-Platzhalter

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Time limit is exhausted. Please reload CAPTCHA.