Für eine spezielle Art des Genusses haben sich die Südtiroler drollige Namen ausgedacht: Törggelen oder Marende zum Beispiel, man isst und trinkt in geselliger Runde. Wenn dann klassische Südtiroler Zutaten wie Äpfel, Käse, Speck, Kaminwurzen, Trauben oder Schüttelbrot auf dem Tisch liegen und dazu Bergpanorama im Sonnenschein die Kulisse bildet, ist die Idylle perfekt. „Südtirol ist nicht nur eine Region, sondern ein Lebensgefühl“, sagte ein Winzer unlängst. Man glaubt es fast. Ganz und  gar nicht fehlen darf Wein, und da kommt der Vernatsch ins Spiel, auch als Kalterersee oder St. Magdalener bekannt. Die Württemberger lieben dessen Variation Trollinger, das Original gibt es (fast) nur in Südtirol.

Zugegeben, mit dem Vernatsch (italienisch Schiava) tun (taten) sich viele Wein-Fans schwer, gilt auch für den Weinbeobachter. Das ist keine Sorte für große Weine, für den großen Abend. Liegt am Potenzial der Rebsorte, aber auch die Erzeuger hatten eine Aktie. Jahrzehntelang stand Vernatsch/Kalterersee vor allem für beliebige Massenware, auf die Menge kam es an. Die Zeiten haben sich geändert. Viele Winzer und Genossenschaften widmen sich der Rebe seit einigen Jahren mit mehr Sorgfalt, begrenzen die Erträge, der Fokus liegt auf Qualität. Mittlerweile gibt es schöne Vernatsch in seinen Spielarten Edelvernatsch, Mittervernatsch, Grauvernatsch und Tschaggelevernatsch, die viel gemeinsam haben: Frucht- und/oder Mandelaroma, wenig Gerbstoffe, wenig Säure. Unterschiede gibt es auch, manche haben mehr, manche weniger Würze, manche wirken sanft, anderen zeigen Charakter. Es gibt auch noch ganz beliebige.

Noch zum Unterschied Kalterersee – St. Magdalener: Kalterersee heißen die Vernatsch-Weine aus der Gegend um die Gemeinden Eppan und Kaltern; der St. Magdalener kommt aus der Region Bozen. Weil er dort eher an Hanglagen wächst, sind die Magdalener meist würziger.  Egal, wie sie heißen: Zu den großartigen Südtiroler Errungenschaften wie Törggelen oder Marende gibt es keinen schöneren Begleiter als einen vernünftigen (!) Vernatsch, weil der stets unaufdringlich, anpassungsfähig und doch präsent ist. Der persönlich hochgeschätzte Lagrein ist ein ganz anderes Kapitel, mehr dazu im Blog demnächst.

Schöne Vernatsch sind zuletzt aufgefallen von
– Elena Walch, Tramin
– Ansitz Waldgries, Bozen
– Weingut Josef Brigl, Eppan
– Erste+Neue, Kaltern
– Hofstätter, Tramin
– Kellerei Bozen
– Meraner Kellerei

Ein heißer Tipp ist Genussfestival Südtirol am letzten Mai-Wochenende 2015 in Bozen, wo alles, was Südtirol kulinarisch zu bieten hat, präsentiert wird. Dazu gehört natürlich auch der eine oder andere Vernatsch.

Südtiroler Idylle. Foto: EOS/Frieder Blickle

Südtiroler Idylle. Foto: EOS/Frieder Blickle


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